Auch drei Tage später, nachdem ich wieder aus Litauen zurückgekehrt bin, fällt mir eine endgültige Einordnung der Baltikum-Reise 2019 immer noch schwer. Zu neu und zu intensiv waren die Eindrücke, Begegnungen und Erlebnisse vor Ort. Gut möglich, dass es also noch etwas länger dauern wird, bis ich die Reise für mich final abschließen und verarbeitet kann. In jedem Fall bietet sich aber eine Dokumentation dieser Reise an, auf der ich Dich in den nächsten Minuten gerne mitnehmen möchte.
In fünf Tagen standen sechs Treffen mit P2P-Anbietern in zwei Ländern an. Jedes Kennenlernen hatte seine eigenen Umstände und weckte bei mir im Vorfeld unterschiedliche Interessen und Erwartungen. Meine Grundintention bei dieser Reise war es, einen persönlichen Einblick hinter die Kulissen der P2P-Anbieter zu bekommen und Erkenntnisse abseits der öffentlich einsehbaren Zahlen und Informationen zu bekommen.
Natürlich sollten die Einblicke auch dazu dienen, um meine persönlichen Investitionsentscheidungen zu festigen, mein anstehendes Buchprojekt abzurunden und meinen Lesern von den Vor-Ort Erfahrungen zu berichten. Als Inspiration diente mir dabei die Reise nach Tallinn im Oktober 2018, bei der ich Bondora und EstateGuru näher kennenlernen durfte.
Mir ist wichtig zu betonen, dass es sich dabei um keine gesponsorte Reise handelte, sondern ich auf eigene Kosten und ohne Shuttleservice unterwegs gewesen bin. Bei der Auswahl der Unternehmen habe ich den Fokus Qualität > Quantität gesetzt. Mir war wichtig, dass es von meiner Seite aus ein aufrichtiges und persönliches Interesse an einem Kennenlernen geben musste. Nur unter dieser Voraussetzung wollte ich mich auf ein Treffen einlassen. Natürlich gibt es auch andere Anbieter die mich gereizt hätten und die man vielleicht noch hätte einschieben können. Aber ich bin von Natur aus kein Freund vom Speed-Dating Konzept, bei dem ich täglich vier Mal „Hallo“ und „auf Wiedersehen“ sagen muss.
Wer mich kennt, der weiß um meine Vorliebe sich etwas näher und detaillierter mit gewissen Themen zu befassen. Insofern war es für mich nur eine logische Entscheidung, dass ich nur maximal zwei Treffen pro Tag absolvieren werde.
Relativ spontan habe ich mich dann auch noch dazu entschieden einen Vlog aufzunehmen und meine Zeit in Riga und Vilnius zu dokumentieren. Dabei ging es mir nicht um einen Lifestyle Vlog mit schönen Bildern und toller Hintergrundmusik, sondern ich wollte meine unmittelbaren Eindrücke vor und nach den Treffen festhalten. Ich muss zugeben, dass mir dieses Konzept zu Beginn maximal unangenehm war. Höchsten Respekt vor denjenigen, die dabei so schmerzfrei sind und sich öffentlich mit dem Selfie-Stick aufnehmen. Absolut nicht meins. Daher hoffe ich, dass Du meine Bemühungen zu schätzen weißt ? Schau doch mal rein und ansonsten viel Spaß mit dem Review der Baltikum-Reise 2019!
Montag, 18.03.2019
Um 12:50 Uhr Ortszeit landete ich im Flughafen von Riga. Die lettische Hauptstadt empfing mich mit ein paar wenigen Sonnenstrahlen und ca. 5 Grad Außentemperatur. Deutlich häufiger lächelte mich in den nächsten Minuten Kristaps Porzingis an. Der lettische NBA-Spieler, kürzlich getraded zu den Dallas Mavericks, scheint so etwas wie der Nationalheld der Letten zu sein. Zumindest konnte ich drei unterschiedliche Werbeanzeigen mit seinem Konterfei in der ersten Stunde begutachten.
Nach einem kurzen Auto-Bus Transfer, der als öffentlicher Verkehrsdienst angegeben war und in dem sich ca. 15 Leute hineinquetschten, kam ich relativ zeitnah bei meiner Unterkunft an und checkte im Hotel Monte Kristo ein. Aufgrund der guten Ortslage am Südende der Altstadt, empfand ich 52 Euro für zwei Übernachtungen, inkl. Frühstück, als akzeptabel. Welches Gremium dem Hotel allerdings vier Sterne verliehen hat, bleibt mir bis heute ein Rätsel.
Aber der Grund für meinen Besuch war natürlich ein anderer. Ich versuchte nicht zu viel Zeit zu verschwenden und machte mich zeitnah auf den Weg zu Mintos, deren Büro etwas weiter nördlich der Stadt liegt. In Tallinn kennen und lieben gelernt, nutzte ich für den Transport die Taxi App Bolt (früher noch als Taxify bekannt), um pünktlich im Büro zu erscheinen.
Exemplarisch für die Kommunikation mit den ortsansässigen Einwohnern in diesen Tagen, hier meine erste Interaktion mit einem Letten: Kaum stieg ich ins Auto von Juri ein, ein ca. 50 Jahre alter Mann mit Glatze, begrüßte ich diesen mit einem freundlichen „Labdien!“ (lett.: Guten Tag!). Nach seiner Erwiderung war es bereits vorbei mit meinen kürzlich angeeigneten Fremdsprachenwissen. „Are you having a good day?“, wollte ich von ihm wissen. Ein entschlossenes und mir keines Blickes würdigendes „No” beendete unsere Konversation vorzeitig. Ehrliche und direkte Leute in Riga, dachte ich mir. Zwanzig Sekunden später schien es aber auch Juri unangenehm gewesen zu sein und er durchbracht die Stille mit einem „But it’s not your fault.“ Erleichterung machte sich breit. Wir plauderten ein bisschen und er erklärte mir seine Unzufriedenheit gegenüber seinem Job und der scheinbaren Ausbeutung durch Bolt.
Diese Anekdote, die ich in den nächsten Tagen noch häufiger erzählen sollte, sorgten für allerhand Lacher. Es symbolisiert aber auch ein bisschen das ambivalente Verhältnis, dass ich in diesen Tagen mit den Letten sammelte.
Mintos – Wohin führt die Expansion beim P2P-Giganten?
Dann ging es endlich los. Das erste Treffen meiner Reise und dann auch noch gleich mit Mintos. Entsprechend nervös war ich zu Beginn, unwissend was mich erwarten würde. Der Termin mit Martins war um 16:30 Uhr angesetzt und ich kam eine halbe Stunde vorher im Büro an, wo ich mich zunächst mit Igor, dem neuen Marketing-Chef, austauschte. Ein cleverer Bursche, der einen sehr interessierten Eindruck auf mich machte.
Es folgte das Interview und das Kennenlernen mit Mintos CEO und Gründer Martins Sulte. Was mich sehr gefreut und auch positiv überrascht hat war, dass er relativ dialog- und auskunftsfreudig wirkte. Von den anderen Interviews hatte ich immer den Eindruck gewonnen, dass er sehr wortkarg sei und nur sehr kurzweilig antwortet. Vielleicht hatte das zu einem bestimmten Grad auch mit seinem lettischen Naturell und einem etwas introvertierteren Charakter zu tun, dachte ich mir im Vorfeld.
Doch Martins war sehr offen und auch sehr umgänglich. Selbst meine während des Interviews auftauchenden Kamera-Probleme (Die Canon Powershot G7X schaltet sich nach 30 Minuten Video-Aufnahmezeit einfach aus) nahm er sehr gelassen entgegen. Zumindest wirkte er deutlich entspannter als ich es wohl zu diesem Zeitpunkt war.
Wir sprachen im Interview sehr ausführlich über seine persönliche Vita und den Weg, der ihn zur Gründung von Mintos führte. Wir thematisierten außerdem noch die Expansionspläne von Mintos, die Auseinandersetzung mit der britischen Regulierungsbehörde FCA, die Beziehung zu Mogo-Shareholder und Mintos-Mitgründer Aigars Kresenfelds, sowie ein paar weitere Themen.
Inhaltlich war ich mit dem Interview, dass am Ende etwas mehr als eine Stunde lang sein wird, mehr als zufrieden. Der Schnitt des Interviews in der Postproduktion wird wohl jedoch eher einem Abenteuer gleichen. Mal sehen, was am Ende dabei herauskommen wird.
Nach dem Interview zeigte mir Martins noch ein wenig das Büro. Interessant war auch, dass Mintos in ein paar Monaten umziehen wird. Das Wachstum erfordert nämlich mehr Räumlichkeiten für die Mitarbeiter. Gegenüber der Fensterfront sah man bereits die fortgeschrittenen Konstruktionsarbeiten des anliegenden Gebäudes. Mintos will sich in die komplette fünfte Etage einmieten und dort Platz für 120 Mitarbeiter schaffen (aktuell sind es ca. 70 in Riga).
Nach einem letzten Austausch mit Igor ging es dann für mich auf den 4km langen Heimweg ins Hotel, den ich dieses Mal zu Fuß absolvierte.
Rückblickend kann ich sagen, dass meine Erwartungen an Martins und unser Gespräch, mehr als erfüllt worden sind. Im Vergleich zu den anderen Begegnungen auf meiner Reise, konnte ich allerdings hier am wenigsten persönliche Eindrücke von dem Mintos-Team und den Mitarbeitern sammeln. Es ist zwar nicht mein Hauptaugenmerk, den Lifestyle der Mitarbeiter zu hinterfragen, aber ein paar mehr Interaktionen hätten das Gesamtbild für mich noch mehr abgerundet.
Wichtiger ist für mich stattdessen der Business-Case. Dieser überzeugt mich bei Mintos nach wie vor, sodass ich mein Investment demnächst auf 10.000 Euro aufstocken werde. Hier bekommst Du übrigens einen Einblick über alle meine P2P-Investitionen und deren Performance.
Dienstag, 19.03.2019
Tag 2 in Riga und bereits sehr früh stand fest, dass ich die weiteren Kameraaufnahmen mit meinem Smartphone durchführen werde. Dass auch dieses nach einem Volumen von 4 GB ein neues Video anfängt, war für mich ein sehr deutliches Zeichen, dass mein Equipment für eine langfristige YouTuber-Karriere wohl nicht ausreichen wird. ?
VIAINVEST – Wann kommt der Durchbruch?
Das Büro der VIA SMS Group lag nur ca. 200 Meter von meinem Büro entfernt, sodass sich der Anreiseweg sehr einfach gestaltete. Wobei ich sagen muss, dass ich dennoch gefühlt drei Mal um das Gebäude herumlaufen musste, bevor ich den richtigen Eingang fand.
Nachdem ich angekommen bin, empfing mich Simona Lucatniece (P2P-Platform Lead und PR-Sprecher der VIA SMS Group) und wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut. Ich muss zugeben, dass ich mir etwas unsicher darüber war, wie unser Treffen verlaufen würde. Nachdem der Termin mit dem Vorstandsvorsitzenden Eduards Lapkovskis sehr kurzfristig abgesagt werden musste, war ich ziemlich enttäuscht. Ich hatte mich speziell auf ihn vorbereitet und war sehr vorfreudig, jemanden von der Spitze der Unternehmensgruppe interviewen zu dürfen. Es hatte allerdings nichts mit Simona direkt zu tun, die sich wiederum wohl etwas in ihrem Standing angegriffen fühlte. Ich war erleichtert, dass wir uns so gut verstanden haben und ich glaube, dass man das auch im Interview merken wird.
Unser Gespräch drehte sich sehr stark um die Ausrichtung und die Vision der Unternehmensgruppe VIA SMS Group, die als Mutterkonzern der VIAINVEST P2P-Plattform fungiert. Die Gruppe agiert bei der Kreditvergabe mittlerweile ich sechs unterschiedlichen Märkten: Lettland, Schweden, Polen, Tschechien, Spanien, Rumänien. Sobald eine gewisse Stabilität in den einzelnen Kreditnehmerländern erreicht wird, werden die Kredite auch auf dem P2P-Marktplatz für Investitionen und eine schnellere Finanzierung freigegeben.
Daher ergibt es für mich nur Sinn, sich auch ausführlich mit der Positionierung und Entwicklung der Unternehmensgruppe zu befassen, da hiervon ausgehend auch das Schicksal der P2P-Plattform bestimmt wird. Ein Aspekt, der mir bei der Berichterstattung über VIAINVEST häufig zu kurz kommt.
Außerdem haben wir sehr individuell über die einzelnen Kreditnehmermärkte gesprochen und wo die Reise in Zukunft hingehen soll. Im Anschluss an das Interview zeigte mir Simona noch kurz das Büro (siehe VLOG) und stellte mich einigen Mitarbeitern vor. Insgesamt vermittelte Simona, aber auch das gesamte Team, einen sehr jungen, frischen und positiven Eindruck auf mich.
Obwohl VIAINVEST erst seit Dezember 2016 am Markt ist (die VIA SMS Group wurde hingegen bereits 2008 gegründet) und im März 2019 die Grenze von 9.000 Investoren erreicht hat (darunter ca. 40 Prozent deutsche Anleger), scheint mir der Anbieter vom Darlehensvolumen noch ein wenig auf der Stelle zu treten. Ein Blick auf die Statistiken zeigt, dass das finanzierte Kreditvolumen häufig zwischen 5 Mio. Euro und 6,5 Mio. Euro pendelt. Auf jeden Fall nachhaltig, wenngleich das Wachstum überschaubar ist.
Die Überzeugung, dass VIAINVEST jedoch ein attraktiver Business-Case ist, hat sich für mich auf der Reise definitiv bestätigt und ich bin froh, dass es mit dem Treffen am Ende des Tages dennoch funktioniert hat. Ab April werde ich mich mit 2.000 Euro am Wachstum des Unternehmens beteiligen.
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Twino – Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Nach einer kurzen Verschnaufpause und einem kleinen Spaziergang durch das Stadtzentrum von Riga, ging es dann auf die andere Seite der Düna (Fluss, der durch Riga fließt), wo mich Roberts Lasovskis (P2P-Platform Lead) von TWINO empfing. Es dauerte ein paar Minuten, bis wir richtig warm miteinander wurden. Nach einer kurzen „Office-Tour“ gingen wir in einen separaten Meeting-Raum, wo dann auch unser Interview stattfand.
Er wusste sicherlich bereits im Vorfeld um die Schwere seiner Aufgabe, schließlich waren nicht wenige Investoren von den letzten Geschäftszahlen des Unternehmens enttäuscht gewesen. Es roch also nach Erklärungsbedarf. Die SIA TWINO, ebenfalls als Unternehmensgruppe bereits seit 2009 am Markt (die P2P-Plattform seit 2015), durchlebt gerade so etwas wie eine Konsolidierungsphase. Zumindest habe ich es so wahrgenommen. Nachdem man in den letzten Jahren wohl zu schnell zu viel wollte, holte man sich in Märkten wie Mexiko oder Spanien eine blutige Nase.
Schon komisch, wenn man sich die Dimensionen des Unternehmens ansieht. Über 16.000 angemeldete Investoren und ein Kreditvolumen, dass auf der Plattform jeden Monat konstant im zweistelligen Millionen-Bereich liegt. Dennoch herrscht eine Unterversorgung bei der Kreditverfügbarkeit. TWINO ist wohl so ziemlich der einzige mir bekannte Anbieter, das einen deutlich größeren Bedarf an Darlehen als an Investoren hat.
Mit der Schließung nicht-profitabler Niederlassungen schränkt man die Kreditverfügbarkeit zunehmend weiter eine, dringt man nicht schnellstmöglich tiefer in die noch bestehenden Märkte ein und riskiert gegebenenfalls, dass man auch hier viele Ausfälle verzeichnen muss. Definitiv ein schwieriger Spagat. Da erkennt man mal sehr deutlich, wie schwierig das Verhältnis zwischen Investoren und verfügbaren Darlehen ist und was passiert, wenn hier eine Imbalance herrscht.
Daher war ein Fokusthema des Interviews, wie Roberts das Potenzial der einzelnen Kreditnehmerländer einschätzt und warum man sich ausgerechnet auf diese in der Zukunft fokussieren will.
Nach dem Gespräch gab es eine Partie Tischtennis. Obwohl ich mich durchaus als jemanden einschätze der mit der Kelle umgehen kann, hatte ich gegen Roberts, der früher Semi-Pro Tennis gespielt hat, keine Chance. Mit 11-4 und 14-12 musste ich mich geschlagen geben.
Im Anschluss gingen wir noch in ein nahe vom Büro gelegenes Steak-Restaurant, wo es ein saftiges T-Bone Steak auf den Nacken von TWINO gab. Verdammt leckere Angelegenheit! Hier kamen wir auch dazu uns etwas persönlicher auszutauschen, wobei der „Investoren-Pflege“-Charakter so ein bisschen über unserem Tisch schwebte. Dennoch war es schön, auch mal ein paar persönliche Einblicke in das Leben der Menschen in Riga zu bekommen und das Thema P2P-Kredite beiseite zu lassen.
Mit vielen neuen Eindrücken ging es dann abends wieder zurück ins Hotel. So langsam schien ich meinen Groove gefunden zu haben.
Mittwoch, 20.03.2019
Die letzte Etappe in Riga führte mich zu Grupeer. Im Vorfeld ist mir der lettische Anbieter, der erst zu Beginn des Jahres 2019 seinen zweijährigen Geburtstag feierte, besonders durch die Gründerin Alla Kisika aufgefallen. Sie gründete das Unternehmen zwar zusammen mit ihrem Bruder, doch ihr Werdegang, der primär durch Sales- und Projektmanagementjobs in Australien und Großbritannien geprägt war, machte mich neugierig.
Grupeer – Dynamisches Team und stabiles Wachstum
Mit voller Energie bin ich allerdings zunächst von Viktotija (Community Managerin) empfangen worden. Die junge und sehr energiegeladene Dame, die sicherlich nicht älter als ich gewesen sein mag, besaß eine sehr starke Dynamik und sie bekommt von mir definitiv den Preis für den kräftigsten Handschlag auf der Baltikum-Reise 2019. Nach einer kurzen Einweisung wer im Büro arbeitet und welche Aufgabenbereiche die einzelnen Mitarbeiter haben, improvisierten wir dann ein wenig den Ort für das Interview. Der Managementraum war zu dieser Zeit für ein Meeting besetzt und so machten wir es uns in einer Art „Lounge“ vor dem Balkon gemütlich. Es hatte definitiv seinen Charme, wie man am Bild unschwer erkennen kann.
Allerdings wurde hier auch deutlich, dass obwohl man erst vor ein paar Monaten in das Büro zog, die Kapazitäten bereits jetzt nicht mehr ausreichten. Im letzten Jahr stieg die Mitarbeiteranzahl von 7 auf 40 an, sodass man im selben Gebäudekomplex wohl bald eine weitere Etage anmieten wird.
Das Interview selbst wird sich wohl etwas von den anderen unterscheiden, was ich persönlich auch nicht weiter schlimm finde. Natürlich haben wir auch über das Produktportfolio von Grupeer gesprochen, wozu neben den Business-Krediten und Development Projects (Immobilien) in naher Zukunft auch der Grupeer Stability Fund gehören wird.
Doch das Leben von Alla und ihre Ansichten haben mich so neugierig gemacht, dass wir am Ende ein sehr „entrepreneur-lastiges“ Interview geführt haben. Von der Struktur hätte ich ein paar Themen vielleicht auch besser vorbereiten können. Das Gespräch war am Ende sehr bunt und besaß nicht so sehr diesen roten Faden, den ich mir meistens immer erhoffe. Vielleicht besitzt es aber auch genau deshalb einen gewissen Charme.
Nach dem Interview hatte ich nochmal die Gelegenheit ein paar Fragen an die Mitarbeiter von der Kreditgeber-Akquise zu stellen. Doch kaum betrat ich den Raum war ich es, der den Jungs und Mädels Rede und Antwort stehen musste. Warum der Blog? Welche Inhalte thematisiere ich dort und welche Ziele verfolge ich?
In ein ähnliches Gespräch wurde ich auch vorher auf dem Gang verwickelt, was für mich etwas überraschend und unerwartet kam.
Aufgrund des Zeitdrucks, da ich bereits um 13:45 Uhr meinen Bus nach Vilnius am anderen Ende der Stadt erreichen musste und weil die drei Stunden sehr schnell vorbeigegangen sind, konnten leider nicht alle Gespräche bis ins letzte Detail stattfinden. Schade eigentlich. Auf einer persönlichen Ebene muss ich zugestehen, dass mich in Riga das Team von Grupeer am meisten überzeugt hat. Das ist natürlich keine Wertung der fachlichen Kompetenzen, jedoch hatte ich hier den besten Eindruck mitnehmen können. Die Mitarbeiter waren offen, interessiert und es herrschte allgemein eine ziemlich gute Stimmung untereinander. Ob es mit der Sonne zu tun hatte die an diesem Tag schien, kann ich nicht beurteilen.
Auch hier wird natürlich die Frage sein, in wie weit dieses Klima auch aufrechterhalten werden kann, wenn das Unternehmen weiterhin so stark wachsen wird. Aber das ist wie so häufig Zukunftsmusik. Stand jetzt kann man festhalten, dass Grupeer eine sehr gutes Recruiting betreibt und sich insgesamt auch sehr stark um das Gemeinwohl und die Weiterentwicklung seiner Mitarbeiter kümmert.
Alla lud mich anschließend noch auf einen kurzen Mittagssnack ein, wo wir uns gegenseitig etwas mehr von unseren privateren Geschichten erzählen konnten.
Doch leider hatte der Vormittag nicht ausgereicht, um meinen kompletten Wissensdurst zu stillen. Am frühen Nachmittag ging es dann mit dem Bus zu einer vierstündigen Fahrt in die litauische Hauptstadt Vilnius, in der ich am Folgetag zwei weitere Termine haben sollte.
Donnerstag, 21.03.2019
Viele reden und schreiben, bei der Betrachtung des P2P-Wachstums im Baltikum, häufig nur über die Anbieter in Estland und Lettland. Dass es aber durchaus auch ein paar versteckte Perlen in Litauen gibt, davon konnte ich mich während meines Aufenthalts in dem südlichsten der drei Baltikum-Länder überzeugen.
Debitum Network – Innovationen mit Perspektive
Los ging es am Vormittag mit einem Besuch bei Debitum Network. Das 2017 gegründete und erst seit September 2018 am Markt agierende Unternehmen, hat mich im Vorfeld sehr stark durch seinen innovationsgetriebenen Charakter fasziniert. Die Plattform, mit Fokus auf Darlehen für KMUs, basiert auf der Idee der Blockchain Technologie. Die Transaktionen sind verschlüsselt und die Bonitätsbewertung der Kreditnehmer erfolgt (zusätzlich zu den Kreditgebern) mittels Drittanbietern.
Als ich im Büro ankomme, entdecke ich eine Art Co-Working Space. Hier sitzt Debitum Network zusammen mit fünf weiteren Unternehmen. Die Schnittstelle aller Unternehmen bildet Martins Liberts (Gründer von Debitum), der nach meinem Verständnis, Shareholder bei fünf der sechs Unternehmen sei. So kann man sich auch einen Überblick bewahren, denke ich mir.
In der Küche lerne ich Daumantas (Investor Relations) und Eimantas von Debitum Network kennen. Beide machen einen sympathischen Eindruck auf mich und wir kommen locker ins Gespräch. Dabei erfahre ich auch, dass eines der im Büro ansässigen Unternehmen ein von der litauischen Regierung gefördertes Unternehmen sei, dass sich mit der Digitalisierung der einzelnen Grabstätten auf den Friedhöfen befasst. In Zukunft soll hier für die Litauer einsehbar sein, welche Verwandten an welchem Ort ihre letzte Ruhe finden. Eimantas hatte den Job für ein paar Tage probiert, kam auf die Umstände der Arbeit aber nicht zu recht. Ich kann ihn verstehen.
Während ich karamellisierte Erdnüsse esse, die ein echtes Träumchen sind, kommt Martins in die Küche. Er ist vor kurzem Vater geworden und kommt daher immer etwas später zur Arbeit. In der Hand hat er eine Packung mit zwei Pancakes die er sofort verschlingt, ohne den aufgesetzten Rucksack abzulegen. Ich kann es nur schwer beschreiben, aber mich hat die Energie und gleichzeitige Lockerheit der dortigen Atmosphäre schwer beeindruckt.
Meine Hoffnung ist, dass dieses Gefühl auch im anschließenden Interview transportiert wird, bei dem ich mich 90 Minuten lang mit Martins über Debitum Network vor der Kamera austausche. Es ist ein faszinierendes Gespräch geworden und ich bin sehr stark auf Deine Meinung dazu gespannt.
Nach dem Gespräch bin ich mit Daumantas noch ins Craftsmen Pub gegangen, wo ich die typisch litauischen „Cepelinai“ probieren konnte. Eine Art Kartoffelkloß mit Hackfleischfüllung. Ich bin generell kein Freund von Klößen, da mir die Konsistenz immer zu schwammig ist. Aber in diesem Fall war es noch an der Grenze und ich war froh, dass ich endlich ein lokales Gericht probieren konnte.
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Dazu gab es dann Kvass. Ein Getränk, dass eigentlich auch in Lettland populär sein sollte, ich dort allerdings nicht dazu kam, es zu probieren. Kvass ist ein Getränk, dass aus der Gärung von Roggenbrot entsteht und einen Alkoholgehalt von ca. einem Prozent besitzt. Ein sehr süßer Geschmack und durch die fehlende Kohlensäure hatte es etwas von einem abgestandenen Bier. Aber in der Kombination fand ich es durchaus ein Erlebnis.
Die Meinungen gehen bei diesem Gericht übrigens sehr weit auseinander. Manche lieben es und andere wiederum können damit gar nichts anfangen. Ich fand die Erfahrung gut und würde wohl auch beim zweiten Mal nicht nein sagen.
NEO Finance – Ein P2P-Anbieter unter dem Radar
Gut gesättigt ging es dann zur nächsten und letzten Station meiner Reise – NEO Finance. Spannend war, dass man bei Debitum Network nichts mit NEO Finance anfangen konnte. Erst, als ich sie auf Paskoly Klubas ansprach, fiel der Groschen. Paskoly Klubas ist litauisch und bedeutet so viel wie Loan Club auf Englisch. Also ein ganz klassischer Kreditverein.
Seit 2014 ist der litauische Anbieter bereits in seiner Funktion als Kreditgeber unterwegs, der sich auf Konsumentenkredite in seinem Heimatland Litauen fokussiert. Seit 2018 ist das Unternehmen auch unter dem Namen NEO Finance bekannt, um speziell die internationalen Investoren anzusprechen.
Im Vorfeld hatte ich NEO Finance eine gewisse Ähnlichkeit zu Bondora attestiert, aufgrund des relativ ähnlichen Geschäftsmodells. Spitze Zielgruppe im Kreditnehmermarkt, eigene Kreditakquise und mehrere Einkommensströme.
Als ich im Büro ankam, machte sich bei mir allerdings zunächst Ernüchterung breit. Dass im Erdgeschoss befindliche Unternehmen erstreckte sich vielleicht über eine Fläche von 150m². Keine einzelnen Räume, sondern lediglich ein paar Soundblocker trennten die einzelnen Bereiche und ca. 30 Mitarbeiter voneinander. Meine Erwartungshaltung war deutlich anders und ich bekam das Gefühl, dass ich mich in meiner Überzeugung vom Unternehmen verrannt hatte. Oder hatte ich mich nur von den Äußerlichkeiten und meiner Stimmung beeinflussen lassen?
Ich sprach mit Justinas (CMO), mit dem ich im Vorfeld in Kontakt stand. Wenig später tauchte auch Evaldas Remeikis auf (Gründer und Geschäftsführer). Wir sollten später das Interview führen.
Doch durch die Erlebnisse des Vormittags und die lebhafte Energie, fand ich mit dem etwas ruhigeren und bedächtiger wirkendem Evaldas zunächst keine wirklich Verbindung. Doch mit zunehmender Dauer und auch durch die Gespräche nach dem Interview als sich die Situation zunehmend entspannte, konnte ich nochmal einen richtig guten Eindruck vom Unternehmen gewinnen und weitere Informationen über den Kreditmarkt gewinnen. Es zeigte mir deutlich, dass ich mich von meinen persönlichen Erwartungen und Stimmungen zu sehr habe leiten lassen. Evaldas ist ein sehr intelligenter Mann mit einer klaren Idee. Durch das etwas introvertierte Auftreten geht die Message dabei leider etwas unter.
Was dem Unternehmen fehlt, ist meiner Meinung nach die Akzeptanz des Marktes. Dass das Unternehmen tatsächlich weit mehr litauische als deutsche Investoren besitzt, macht das Dilemma deutlich. Es fehlt an der richtigen Strategie und Kommunikation mit dem Markt. Weil ich sehr stark vom Unternehmen überzeugt bin, werde ich in Zukunft definitiv mehr über dieses hochspannende und aus meiner Sicht unterschätze Unternehmen berichten.
Am Abend ging es mit einigen Mitarbeitern noch für einen Umtrunk in die Altstadt. Ich war erleichtert, dass meine Baltikum-Tour so ein versöhnliches Ende gefunden hatte. Auch die Kollegen von Debitum Network warteten noch in einer Bar auf mich und man konnte auch hier einen etwas persönlicheren Draht aufbauen.
Freitag, 22.03.2019
Nachdem die bösen Geister der letzten Nacht in der Bukowski-Bar vertrieben worden sind, gab es am letzten Tag nur noch einen kleinen Programmpunkt auf der Agenda. Ich hatte im Vorfeld viel über das Blockchain Centre in Vilnius gelesen, dass von einem ehemaligen Pro-Pokerspieler aus Litauen ins Leben gerufen wurde. Das als Non-Profit organisierte Unternehmen wird als Franchise aufgebaut und besitzt weltweit mittlerweile mehrere Standorte.
Unternehmen können sich dort einmieten (Co-Working Space), dazu gibt es Vorträge, Seminare und Schulungen. Ganz interessant also mehr darüber zu erfahren, da nicht nur die Architektur durchaus bewundernswert war.
Ein paar letzte Sonnenstrahlen begleiteten mich dann auf dem Weg zum Flughafen bevor es dann wieder zurück nach Berlin ging.
Mein Fazit
Wie bereits am Anfang geschrieben, bin ich mir bei manchen Themen immer noch unschlüssig in der finalen Einordnung und Bewertung. Daher hier ein paar Erkenntnisse, die mir während und unmittelbar nach der Reise aufgefallen sind.
Spagat zwischen Privat und Business
Im Vorfeld bereits erwartet, war die Trennlinie zwischen persönlichem Interesse und der Aufrechterhaltung der Business-Maske, ein ständiger Spagat. Ich denke, dass das aber für beide Seiten zutrifft. Gute Eindrücke aus Business-Sicht sind für mich genauso wertvoll wie die Erkenntnisse, dass die Menschen in den Unternehmen, die dahinterstehen, integer und vertrauenswürdig sind. Genauso ist das Spiel zwischen Nähe und Distanz auch ein Drahtseilakt für die Anbieter. Man will sich gut verkaufen und dennoch eine gewisse Lockerheit im persönlichen Umgang pflegen. Daher ist es schwierig zu beurteilen, ob man gerade eine gute Zeit an der Bar hat und sich persönlich mag oder wie viel Absicht und kaschierte Motivation dahintersteht. So etwas lässt sich wohl nur nach einem längeren Zeitraum wirklich konkret beurteilen. Insofern muss ich zugeben, dass die Idee von Lars, sich für mehrere Tage bei einem Anbieter einzuquartieren, gar nicht so schlecht erscheint. Ob es auch ein Modell für mich ist, wird sich zeigen. Es ist in jedem Fall verlockend.
Im Zweifel sehe ich es aber ziemlich nüchtern – Business First. Auch wenn es an manchen Stellen mal mehr Sympathien füreinander gibt.
Litauen – Das gallische P2P-Land
Es war nur ein Tag und es waren nur zwei Treffen. Aber das Gesehene in Litauen hat mich sehr stark beeindruckt. Riga war natürlich auch nicht ohne, aber meine persönliche Lust würde mich aktuell eher nochmal nach Vilnius ziehen. Ich war zu kurz da, als dass ich jetzt wirklich ein Fazit ziehen könnte. Doch was ich gesehen habe, sowohl von der Stadt als auch von den beiden Unternehmen, macht bei mir Lust auf mehr. Ob und wie es eine Fortsetzung geben wird, bleibt abzuwarten.
Interessenskonflikt: Privatanleger vs. P2P-Blogger
Ich halte nicht viel von Plattformdiversifikation. Dazu werde ich mich auch nochmal ausführlich äußern. Mein Interesse als Privatanleger ist die einfache und effektive Vermehrung meines eingesetzten Kapitals. Ich glaube, dass die Resignation bei diesem Thema nichts bringt und man sich einfach damit abfindet, dass es einen Anbieter früher oder später erwischen wird. Natürlich ist das nicht ausgeschlossen. Doch deshalb investiere ich nicht als Opportunist, der das geringere Übel in Kauf nimmt, sondern nur aus Überzeugung. Habe ich diese nicht, fange ich gar nicht erst an zu investieren.
Dass Privatanleger so denken sollte, ist meine tiefste Überzeugung. Leider gibt es zu viele „Influencer“ im Markt, die das gegenteilig sehen. Aus deren Sicht ist das für mich nachvollziehbar, denn man will dadurch ein möglichst breites Publikum abgreifen. Doch die Sensibilisierung für dieses Thema kommt bei den meisten leider zu kurz. Daher werde ich in Zukunft deutlich die Fahne dafür nach oben halten.
Nun zu meinem Dilemma. Auf der einen Seite bin ich Privatanleger, auf der anderen bin ich Finanzblogger zum Thema P2P-Kredite. Gerade eine Begegnung wie bei Debitum Network macht mir deutlich, dass ich vom Unternehmen sehr angetan bin und gerne einen Teil am Wachstum beitragen möchte. Als rationaler Privatanleger wäre das nichts für mich. Doch als Enthusiast und jemand, der aber auch an die Vision des Unternehmens glaubt, sollte ich investieren.
Meine Sorge ist nun, dass durch Investments dieser Art mein Standpunkt konterkariert wird. In diesem Fall ist mir die Aussage der irreführenden Plattformdiversifikation aber sehr wichtig. Also was soll ich tun? Darüber werde ich mir noch Gedanken machen müssen.
Persönliche Ambitionen
Aus neutraler Sicht ist mir wichtig, dass ich als eine unabhängige und vertrauenswürdige Instanz gesehen werde, die das Vertrauen andere Privatanleger genießt. Gleichzeitig ist etwas in mir passiert, dass ich mir seit dem Ausscheiden aus der Corporate Welt für kaum möglich gehalten hätte. Nämlich das ich richtig Bock hätte, bei manchen Unternehmen als aktiver Teil des Unternehmens mitzuarbeiten. Besonders Grupeer, Debitum Network und NEO Finance haben in mir ein so starkes Gefühl des aktiven „Involvements“ ausgelöst, dass ich mich ein wenig über mich selbst wundere. Ich habe Feuer gefangen.
Natürlich kann ich meinen Beitrag leisten, indem ich eine qualitativ hochwertige Berichterstattung abliefere und die Unternehmen versuche bestmöglich und so authentisch wie möglich darzustellen. Doch ein Teil von mir will die Verkaufs- und Kommunikationsfähigkeiten gerne darüber hinaus, im Sinne der aktiven Mitarbeit, einsetzen.
Aktuell habe ich keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll. Auf jeden Fall ist es ein Teil des großen Gesamt-Puzzles, dass ich in der nächsten Zeit für mich lösen muss.
Hi, ich bin Denny! Seit Januar 2019 schreibe ich auf diesem Blog über meine Erfahrungen beim Investieren in P2P Kredite. Meine Analysen sollen Investoren dabei helfen reflektierte und gut informierte Anlageentscheidungen treffen zu können. Dafür schaue ich mir die Risikoprofile der einzelnen P2P Plattformen an, hinterfrage deren Entwicklungen und teile meine persönlichen Einschätzungen mit meiner Community. Mein Bestseller "Geldanlage P2P Kredite" gilt in Fachkreisen als das beste deutschsprachige Finanzbuch zum gleichnamigen Thema.
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