P2P Kredite Rückgewinnungen beim Ukraine Krieg: Fortschritte nach 18 Monaten?

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Vor 18 Monaten sind einige P2P Kredite Plattformen sehr unerwartet und unmittelbar vom Krieg in der Ukraine erwischt worden. Darunter: Mintos, PeerBerry, Twino und Debitum. Die kriegsbetroffenen Kredite dieser vier P2P Plattformen lag zusammenaddiert bei 137,3 Mio. Euro.

Wie sieht es eineinhalb Jahre später aus? Welche Fortschritte konnten die einzelnen Plattformen bei den Rückgewinnungen erzielen? Wo wird es Verluste geben und wie lange müssen sich Anleger noch gedulden, um ihre Gelder zurückzubekommen?

Zu diesen Fragen soll es in diesem Artikel eine Antwort für jede der genannten P2P Plattformen geben.


Mintos und das 40 Mio. Euro Dilemma mit Kviku Finance

Die Ausgangslage: Bei Mintos sind acht Kreditgeber vom Krieg in der Ukraine betroffen gewesen, sieben davon aus Russland. Die ausstehenden Forderungen lagen zum Kriegsbeginn bei ca. 78 Mio. Euro, was somit in absoluten Zahlen der höchste Wert aller P2P Plattformen gewesen ist.

Der Verlauf: Mintos hat sämtliche russischen und ukrainischen Kreditgeber suspendiert und deren Darlehen sowohl auf dem Primärmarkt als auch von den Mintos Strategien entfernt. Die Rückgewinnung der Kredite ist bislang nur äußerst schleppend vorangekommen. Der Grund ist hierfür die Beschränkung der russischen Zentralbank, welche es Finanzinstitutionen erlaubt nur max. 10 Mio. Rubel (ca. 100.000 Euro) ins Ausland zu überweisen.

Einzig Revo Technologies hat im September 2022 eine Sondergenehmigung zur beschleunigten Rückzahlung erhalten. Als Bedingung für die Erteilung der Genehmigung legte die russische Zentralbank jedoch einen maximalen Rückzahlungsbetrag von 10,4 Mio. Euro fest, was 65% der offenen Schulden auf Mintos bedeutet hat. Der lettische P2P Marktplatz nahm diesen Deal im Namen seiner Investoren an. Dadurch konnten 10,4 Mio. Euro von Revo zurückgewonnen werden. Dem gegenüber steht ein abgeschriebener Verlust von 5,5 Mio. Euro.

Der Ausblick: Nach Aussage von Mintos habe man bis Ende 2022 einen Rückzahlungsplan mit sämtlichen betroffenen Kreditgebern ausgehandelt. Die unrühmliche Ausnahme: Kviku Finance. Die Entwicklung mit dem russischen Kreditgeber ist besonders deshalb bitter, weil die offenen Forderungen auf Mintos bei ca. 40 Mio. Euro liegen und somit den Großteil der kriegsbetroffenen Kredite ausmachen.

Das Kreditunternehmen scheint aktuell auch nicht wirklich an einer Rückzahlungslösung interessiert zu sein. Auf dem Blog spricht Mintos sogar von „fragwürdigen Geschäftspraktiken“. So hat Kviku, die auch auf anderen Marktplätzen vertreten sind und dort Geld aufgenommen haben (Bondster, iuvo Group) seine Schulden auf Mintos – ohne Genehmigung des Marktplatzes – in eine unverzinsliche Anleihe in Rubel mit einer Laufzeit bis 2026 umgewandelt.

Glaubt man der Darstellung von Mintos, dann wird die Angelegenheit sicherlich auf einen langen Rechtsstreit hinauslaufen und am Ende womöglich zu einem großen Verlust bei vielen Anlegern führen.

Mehr zu Mintos: Wenn Du dich für die Plattform interessierst, lies Dir meine vollständigen Mintos Erfahrungen auf dem Blog durch.


Schaffen PeerBerry Partner 50+ Mio. Euro in 2 Jahren zurückzuzahlen? 

Die Ausgangslage: PeerBerry ist, im Vergleich zu allen anderen P2P Plattformen, mit Abstand am härtesten vom Krieg in der Ukraine betroffen gewesen. Insgesamt kamen 50,6 Mio. Euro des Portfolios entweder aus der Ukraine (30,3 Mio. Euro) oder aus Russland (20,3 Mio. Euro). Das entsprach 55,7% des Gesamtportfolios, welches zum Zeitpunkt Februar 2022 bei 90,8 Mio. Euro lag.

Diese Herkules-Aufgabe hat nicht wenige Anleger daran glauben lassen, dass PeerBerry und dessen Partner womöglich daran zerbrechen werden. Immerhin kamen 2021 rund zwei Drittel des 23,5 Mio. Euro erzielten Netto-Gewinns der Aventus Gruppe aus der Ukraine.

Der Verlauf: Doch Aventus, allen voran CEO Andrejus Trofimovas, gaben sich kämpferisch, dass man diese Situation annehmen, sich der Verantwortung stellen und nicht weglaufen werde.

In einer Prognose von Mitte März 2022 ging man davon aus, dass man die kriegsbetroffenen Kredite innerhalb von 24 Monaten zurückzahlen werde – selbst, wenn der Krieg bis dahin noch andauern sollte.

Die PeerBerry-Partner mussten dabei insbesondere den Spagat schaffen die offenen Forderungen zurückzuzahlen, gleichzeitig musste man dafür aber auch in das Kreditgeschäft investieren, um dadurch die ausbleibenden Gewinne aus Russland und der Ukraine zu kompensieren. Deshalb sprach man davon mindestens 50% der Gewinne für die Rückzahlung der kriegsbetroffenen Kredite zu verwenden, die anderen bis zu 50% sollten hingegen in die Entwicklung der nicht-betroffenen Geschäftsbereiche fließen.

Der Ausblick: Die Prognose, dass die PeerBerry Partner die kriegsbetroffenen Kredite bis spätestens Februar 2024 zurückzahlen werden, ist mehr als realistisch. Zuletzt sind jeden Monat ca. 1,8 Mio. Euro an die Investoren zurückgeflossen. Die derzeit noch ca. 6 Mio. Euro an offenen Krediten sollten demnach bis ca. Ende des Jahres beglichen werden. Eine bis jetzt schon extrem starke Leistung, wodurch PeerBerry seinen Status als Top 5 P2P Plattform weiterhin festigt und untermauert.

Mehr zu PeerBerry: Wenn Du dich für die Plattform interessierst, lies Dir meine vollständigen PeerBerry Erfahrungen auf dem Blog durch.


Twino Rückgewinnungen bis 2027 werden zum Geduldsspiel!

Die Ausgangslage: Bei Twino sind 6,88 Mio. Euro an russischen Krediten vom Krieg in der Ukraine betroffen gewesen. Zum Zeitpunkt des Kriegsbeginns hat das ca. 19% des ausstehenden Portfolios ausgemacht. Glück im Unglück, da Twino historisch betrachtet immer einen relativ hohen Portfolio-Anteil in Russland besessen hat (47% bis 54% in den Jahren 2019 bis 2021).

Der Verlauf: Twino hat sich dazu entschieden die auflaufenden Zinszahlungen der russischen Kredite fortzuführen und an die Investoren zu überweisen. Die Grundlage dafür ist das weiterhin fortgeführte Kreditgeschäft in Russland, welches dem Vernehmen nach auch relativ stabil sein soll – wenngleich die Kredite nicht mehr auf der Twino Plattform angeboten werden.

Problematisch ist weiterhin der Transfer von Geldmitteln außerhalb Russlands. Durch die monatliche Beschränkung von 10 Mio. Rubel, fließen derzeit nur ca. 100.000 Euro pro Monat an die Investoren zurück. Zwischenzeitlich war auch die Rede von einem externen Investor, welcher die offenen Verbindlichkeiten vorzeitig ablösen sollte. Passiert ist jedoch nichts und die Idee hat sich wieder zerschlagen.

Der Ausblick: Im Mai 2023 wurde mir schriftlich mitgeteilt, dass man, unter Berücksichtigung der aktuellen Einschränkungen und der Währungsschwankungen, von einem Rückzahlungszeitraum vom 36 Monaten ausgehe.

“Regarding war-affected loans – considering current restrictions and the ruble fluctuation trend, the current estimate for repayment of the war-affected loans is 36 months.”

Das wäre dann im Mai 2026 der Fall. Geht man jedoch von der aktuellen Rückzahlungshistorie aus, dann sollten die offenen ca. 5 Mio. Euro eher im Oktober 2027 abgelöst werden.

Mehr zu Twino: Wenn Du dich für die Plattform interessierst, lies Dir meine vollständigen Twino Erfahrungen auf dem Blog durch.


Debitum plant 100% Rückzahlung, aber kein Ende in Sicht!

Die Ausgangslage: Bei Debitum hat es den ukrainischen KMU-Kreditgeber Chain Finance erwischt, welcher ein Leasing-Modell für hochwertige Autos anbietet. Der Kreditgeber, der schon seit Beginn an bei Debitum mit dabei ist, besaß zum Kriegsbeginn ein offenes Portfolio von ca. 1,9 Mio. Euro.

Der Verlauf: Bislang hat der Kreditgeber knapp 600.000 Euro an ausstehenden Krediten zurückgewonnen (ca. 30%). Aufgrund des geltenden Kriegsrechts in der Ukraine, weshalb sich Debitum auf einen Force Majeure (Höhere Gewalt) beruft, werden diese Mittel jedoch bis auf weiteres auf einem Drittkonto einbehalten und vorerst nicht an die Investoren ausgezahlt. 40% der offenen Forderungen sind als Wertminderung bereits abgeschrieben worden.

Ende August 2023 kam es zu einer Vereinbarung zwischen der Plattform und Chain Finance, bei der die Debitum Tochtergesellschaft „DN Funding Alpha“ die Verpflichtungen von Chain Finance gegenüber den Debitum-Investoren übernehmen wird.

Der Ausblick: Im Rahmen der jüngsten Restrukturierung hat Debitum eine vollständige Rückzahlung der kriegsbetroffenen Kredite in Aussicht gestellt. Demnach könnte der Kreditgeber, der Anfang 2023 die Neukreditvergabe wieder aufgenommen hat, sämtliche Forderungen bedienen.

Allerdings sieht der vollständige Rückzahlungsplan einen Zeitraum von 72 Monaten (6 Jahre) vor, und zwar nachdem der Krieg offiziell als beendet erklärt worden ist. Gemäß des neuen Restrukturierungsplans sollen nur 5% nach 36 Monaten zurückgezahlt werden, bzw. 25% nach 48 Monaten – Anlegergelder, die theoretisch sofort nach Kriegsende ausgezahlt werden könnten, die jedoch weitere 4 Jahre gebunden werden. Die Erklärung von Debitum lautet, dass diese Gelder in das Chain Finance Business reinvestiert werden sollen, um dadurch eine vollständige Rückzahlung der offenen Forderungen zu gewährleisten.

Mehr zu Debitum: Wenn Du dich für die Plattform interessierst, lies Dir meine vollständigen Debitum Erfahrungen auf dem Blog durch.


Zusammenfassung & Fazit

Bislang sind 58,8 Mio. Euro an Anlegergeldern zurückgewonnen worden, was 43% der kriegsbetroffenen P2P Kredite in der Ukraine ausmacht.

MintosPeerBerryTwinoDebitum
Kriegsbetroffene Kredite78 Mio. Euro50,6 Mio. Euro6,8 Mio. Euro1,9 Mio. Euro
Betroffene Kreditgeber81211
Zurückgewonnen11,9 Mio. Euro44,6 Mio. Euro1,7 Mio. Euro600.000 Euro
Abgeschriebener Verlust5,5 Mio. Euro0 Euro0 Euro0 Euro
Voraussichtliches EndeUnbekanntDezember 2023 bis Februar 2024Mai 2026 bis Oktober 202772 Monate nach Kriegsende

Der Großteil davon (44,6Mio. Euro) geht auf die Kappe der PeerBerry-Partner, die in vorbildlicher Manier und großem Tempo ihre Rückzahlungen leisten. Hier machen sich die profitablen Geschäftstätigkeiten der Aventus Gruppe deutlich bemerkbar, wodurch viele Querfinanzierungen bei den Rückzahlungen geleistet werden können.

Das Fazit bei Mintos wird sehr stark vom weiteren Verlauf mit Kviku Finance abhängig sein. Ein womöglich jahrelanger Rechtsstreit, bei dem 40 Mio. Euro an Anlegergeldern in Gefahr sind, scheint aktuell unausweichlich. Mit 5,5 Mio. Euro an abgeschriebenen Forderungen bei Revo Technologies stehen zudem schon die ersten Verluste in den Büchern der Investoren.

Auf ein Geduldsspiel wird es auch bei Twino und bei Debitum hinauslaufen. Der Zeitpunkt einer vollständigen Rückzahlung ist hier sowohl von den Beschränkungen auf russischer Seite abhängig (Twino) als auch von den Geschäftsentwicklungen der Kreditgeber (Chain Finance bei Debitum).


P2P Kredite Rückgewinnung Ukraine Krieg: Das Video


Weitere Informationen zu besprochenen P2P Plattformen

Hi, ich bin Denny! Seit Januar 2019 schreibe ich auf diesem Blog über meine Erfahrungen beim Investieren in P2P Kredite. Meine Analysen sollen Privatanlegern dabei helfen reflektierte und gut informierte Anlageentscheidungen treffen zu können. Dafür schaue ich mir die Risikoprofile der einzelnen P2P Plattformen an, hinterfrage deren Entwicklungen, teile meine persönlichen Einschätzungen und beobachte übergeordnete Trends aus der Welt des Crowdlendings.    
Mein Bestseller "Geldanlage P2P Kredite" gilt in Fachkreisen als das beste deutschsprachige Finanzbuch zum gleichnamigen Thema. Zudem versammeln sich in der P2P Kredite Community auf Facebook tausende von Privatanlegern, die sich regelmäßig über die Anlageklasse P2P Kredite austauschen. 

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