Meinen aktuellen Interview-Gast – Ausra Ciupliene – habe ich das erste Mal auf einer Busfahrt in Riga gesehen und kennengelernt. Als es am zweiten Tag der P2PConference zu einem idyllischen See abseits der lettischen Hauptstadt ging, saßen wir leicht versetzt im hinteren Teil des Busses zusammen und kamen ins Gespräch.
Ich weiß nicht viel über PeerBerry – von denen ich aber den Eindruck bekomme, dass immer mehr deutsche Anleger Spaß an der Plattform haben – außer, dass Ausra für sehr lange Zeit dort CEO des Unternehmens war. Mein bis dato eher geringfügiges Interesse verstärkte sich in dem Moment als ich mitbekam, dass Ausra seit Ende Dezember 2018 auch zeitgleich CEO bei dem litauischen P2P-Anbieter SAVY war und heute immer noch ist.
CEO bei zwei Unternehmen aus der gleichen Branche? Für mich ist das im Vorfeld schon ein No-Go, da mir dabei zu viele Fragezeichen nach der Motivation offen bleiben. Ich finde es schön, wenn es geschäftstriebige Menschen gibt, die sich mehrere Standbeine aufbauen. Aber ich bevorzuge Personen an der Spitze eines Unternehmens, die sich zu 1.000 Prozent auf ihr Unternehmen konzentrieren. Daher habe ich beide Unternehmen für mich unterbewusst ausgeblendet.
Heute kann ich sagen, dass das sehr kurzsichtig von mir war und auch sehr untypisch für mich ist, da ich die Umstände nicht genauer hinterfragt und recherchiert habe. Meine Vorurteile und mein Unwissen standen mir im Weg und daher war ich der guten Ausra – die ich als eine sehr aufrichtige und integere Person kennengelernt habe – etwas voreingenommen. Sorry dafür!
Je mehr wir uns unterhielten, desto besser lernte ich sie und ihre persönlichen Umstände kennen. Daher bat ich an, dass wir ihre Geschichte als PeerBerry Gründerin als Interview aufzeichnen, wobei es auch um die viel diskutierte Frage nach dem Ausstieg ging, sowie um ihre neue Herausforderung bei dem litauischen P2P-Anbieter SAVY.
Jetzt viel Spaß mit dem Interview! Hi Ausra. Danke, dass Du dir Zeit für ein kurzes Interview nimmst. Aktuell bist Du CEO der litauischen P2P-Plattform SAVY, wobei Dich die meisten sicherlich noch als CEO von PeerBerry kennen. Kannst Du dich bitte kurz selbst vorstellen und erzählen, wie Dein beruflicher Werdegang vor PeerBerry verlief? Wie Du richtig gesagt hast, bin ich der ehemalige CEO von PeerBerry. Vor kurzem habe ich mich aber SAVY angeschlossen, der ersten litauischen P2P-Plattform, die es seit 2014 am Markt gibt. Davor habe ich Wirtschaft an der Universität von Vilnius studiert. Im dritten Jahr meiner Studienzeit habe ich parallel angefangen für eine Investmentbank in Litauen (Anm.: Finasta) zu arbeiten, wo ich mich nach und nach von einer unteren Positionen bis zum Teamleiter hochgearbeitet habe. Dort war ich dann verantwortlich für Kreditrisiken und den Risikoausschuss. Nach meiner Zeit bei der Bank habe ich mich zwei Jahre lang um meine zwei kleinen Kinder gekümmert, bevor ich für die Aventus-Gruppe, einen Kreditgeber für Kurzzeitkredite, gearbeitet habe. Dort habe ich mich eineinhalb Jahre um die Risiken der Aventus-Gruppe gekümmert, die es in mehreren europäischen Ländern gibt. Dann wurde ich gefragt, ob ich nicht Lust hätte mit einem Team zu arbeiten, dass sich um den Aufbau und die Entwicklung von PeerBerry gekümmert hat. So ging es dann mit PeerBerry los. Kannst Du ein paar Dinge zur Aventus-Gruppe sagen? Zum Beispiel wie groß das Unternehmen ist, bezüglich Mitarbeiter und monatlichem Kreditvolumen? Es fällt mir schwer mich daran zu erinnern, da es schon drei Jahre lang her ist. Es waren aber Minimum fünf Länder, darunter Polen, Lettland, Tschechien und Georgien. An das Kreditvolumen kann ich mich nicht mehr erinnern. Es ist aber definitiv kein kleines Unternehmen. Zwar nicht Top 5 in Europa aber auch kein kleiner Fisch. Viele P2P-Investoren mögen PeerBerry, weshalb ich Dir gerne noch ein paar kurze Fragen dazu stellen möchte, bevor wir über SAVY sprechen. Da Du seit Beginn an mit dabei warst, wir fing die Geschichte bei PeerBerry an? Ich habe mich am Anfang um alles allein gekümmert. Von der Idee bis hin zur Rekrutierung der Mitarbeiter, Begleitung der IT-Entwicklung, Marketing-Strategien entwickeln und so weiter. In den ersten Monaten war ich sogar ganz allein in dem Unternehmen, mit nur einem IT-Mitarbeiter. Ich habe also den Kunden-Support oder auch den Operations-Teil mit den Kreditgebern gemacht. Eine verrückte Zeit, die mir allerdings auch viel Spaß gemacht hat. Ich freue mich auch über die aktuellen Ergebnisse von PeerBerry und bin froh, dass es das Unternehmen immer noch am Markt gibt. Aber jetzt gehört das Thema für mich der Vergangenheit an. So wie ich es verstanden habe, hat die Aventus-Gruppe Dich dabei unterstützt, dass man einen ähnlichen P2P-Marktplatz wie Mintos aufbaut, richtig? Kannst Du darüber sprechen, welche Idee man am Anfang mit PeerBerry hatte und welches Geschäftsmodell man verfolgt hat? Das stimmt. PeerBerry war die Idee der Aventus -Gruppe und es gehörte auch am Anfang zu dem Konzern. Man wollte somit das Wachstum und die Expansion fördern. Nach ein paar Monaten hat man jedoch das enorme Potenzial gesehen, dass man durch die Plattform erzielen kann. Daher wurde das Unternehmen an einen Investor verkauft, der dann einen P2P-Marktplatz aufbauen wollte, der eine gute Alternative zu Mintos darstellt. Nach 13. Monaten bei PeerBerry hast Du dann das Unternehmen verlassen und bist zu SAVY gegangen. Warum? Gute Frage (lacht). PeerBerry wurde Ende 2017 gelauncht und Ende 2018 habe ich mich für SAVY entschieden. Es war eine sehr harte und schwierige Entscheidung. Am Ende haben mich die Visionen und Pläne des neuen Shareholders von SAVY überzeugt, sodass ich mich für diese Option entschieden habe. Es gibt ein paar Gerüchte, dass Dein Abgang bei PeerBerry auch etwas mit den neuen Gesellschaftern bei der Aventus-Gruppe zu tun hatte. Diese wollten wohl andere Leute in den Führungspositionen haben. Was kannst Du dazu sagen? Nein, diese Situation gab es nicht. Ich habe diese Entscheidung allein und für mich getroffen. Es gab viele Gespräche mit den PeerBerry Gesellschaftern das ich bleiben solle. Auch als CEO? Ja. Es gab keine Situation, dass ich dazu gedrängt wurde zu gehen. Bis der neue CEO kam, habe ich sogar noch drei bis vier Monate in der Übergangszeit für PeerBerry weitergearbeitet. Ich habe immer noch ein gutes Verhältnis zu den Gesellschaftern. Die Gerüchte stimmen also nicht. Was hat Dich konkret von SAVY überzeugt und was kannst Du uns über SAVY erzählen? SAVY ist ein litauischer P2P-Anbieter, der selbst Kreditnehmer sucht und diese dann zur Finanzierung an Investoren weiterreicht. Im Moment sind wir ausschließlich in Litauen mit unbesicherten Konsumentenkrediten aktiv, die als Ratenkredite (Anm.: Installment Loans) mit einer Laufzeit von bis zu sechs Jahren vergeben werden. Wir haben zwar auch Firmenkredite, sind aktuell jedoch auf Verbraucherdarlehen fokussiert. Wir sind ein lizensierter Anbieter, so wie andere Kreditgeber in Litauen auch. Die Regulierungen sind sehr anspruchsvoll, aber wir können damit umgehen und dennoch ein – aus meiner Sicht – guten ROI für Investoren anbieten. Im Durchschnitt sind es +20 Prozent. Ich investiere persönlich beim litauischen Anbieter NEO Finance, zu denen es ja einige Parallelen mit SAVY gibt. Zum Beispiel, dass man ausschließlich Verbraucherdarlehen in Litauen finanziert. Aber obwohl NEO Finance erst zwei Jahre später am Markt war als SAVY (2016), liegt deren monatlich vermitteltes Kreditvolumen, mit ungefähr 1,5 Mio. Euro, doppelt so hoch wie das von SAVY. Worauf ist das Deiner Meinung nach zurückzuführen? Es stimmt, NEO Finance und SAVY bieten das gleiche Produkt an. Aber es gibt ein paar Unterschiede. Zum Beispiel die angebotenen Zinssätze für Kreditnehmer und Investoren. NEO Finance hat ein niedrigeres Zinsniveau, sodass dadurch mehr Kreditnehmer angezogen werden. Auf unserer Seite gibt es dafür mehrere Investoren (Anm.: 7.000 aktive Investoren, mehr als 90 Prozent davon aus Litauen). Die Zinssätze sind im Kern der Unterschied zwischen SAVY und NEO Finance. Wie funktioniert das Geschäftsmodell bei SAVY? Wie verdient die Plattform Geld? SAVY verdient sein Geld durch die Kreditnehmer. Wir haben eine fixe Vermittlungsgebühr, die je nach Risiko-Rating variiert. Durchschnittlich sind das fünf bis sechs Prozent. Hinzu kommt noch die Verwaltungsgebühr für das Darlehen. Wie funktioniert die Risikobewertung der Kreditnehmer? Wir haben ein eigenes Scoring-Modell, dass ähnlich wie bei den Kreditgebern funktioniert. In dem Zusammenhang muss ich sagen, dass ich sehr stolz bin auf die niedrigen Ausfallraten in Litauen. Wenn wir von neu vergebenen Darlehen aus 2018 ausgehen, dann liegt die Quote von Krediten, die seit über 90 Tagen im Verzug sind, bei ca. sieben Prozent. Aber Litauen hat einen Markt, wo sehr viel über den Inkasso-Prozess zurückgewonnen wird. Wenn man das noch mitberücksichtigt, erwarte ich eine Netto-Ausfallrate von weniger als drei Prozent. Auf unserer Plattform gibt es für verspätete Zahlungen auch Strafzahlungen, sodass der Return für Investoren nochmal ein bisschen höher ist. Wie hoch sind die durchschnittlichen Zinssätze für Kreditnehmer? Die Spanne geht von zehn bis 75 Prozent. Die Investoren verdienen bei uns durchschnittlich 20 bis 23 Prozent Rendite. Ich gehen davon aus, dass SAVY durch die Zentralbank Litauens überwacht und kontrolliert wird, richtig? Ja, das stimmt. Dadurch werden Kreditnehmer und Investoren gleichermaßen geschützt. Wir unterliegen den gleichen Regulierungen wie andere Kreditgeber auch. Um das Thema Risiken abzuschließen, noch ein Wort zum Thema Electronic Money Institution License. Diese wird ja u.a. von NEO Finance eingesetzt, um eine Trennung des Kapitals von Anlegern und dem Unternehmen sicherzustellen, sodass es keine Möglichkeit der Veruntreuung wie zum Beispiel bei TrustBuddy gibt. Ist das der Grund, warum Investoren bei SAVY sich bei PaySera registrieren müssen, damit das Kapital in unterschiedlichen Konten aufbewahrt wird? Ja, genau. Das sind regulatorische Vorgaben. Um das Kapital zu trennen arbeiten wir mit PaySera zusammen. Wer sind die Gesellschafter bei SAVY? 100 Prozent der Anteile gehören einem litauischen Unternehmen. Die Anteile des Unternehmens teilen sich auf zwei litauische Privatpersonen auf, die einen starken Hintergrund im Bankensektor als auch im P2P-Markt besitzen. Einer der Gesellschafter ist Vincent Zabulis, der vorher auch der Gründer und CEO der Plattform war. Wie ist das Unternehmen finanziert und ist SAVY profitabel? 2018 sind wir sehr nah in die schwarze Null gekommen. Dieses Jahr werden wir sehr wahrscheinlich mit einem Profit beenden, zumindest zeigen das die ersten fünf Monate in 2019. Im Moment sind unsere Ausgaben durch die Einnahmen gedeckt. Wir besitzen also einen positiven Cashflow. Haben wir etwas vergessen zu erwähnen? Ich weiß, dass viele Investoren die Rückkaufgarantie mögen. Diese haben wir nicht. Aber als Alternative bieten wir einen Provision Fund an, den wir Investor Fund genannt haben. Durch die Nutzung können Investoren das Risiko diversifizieren. Durch eine Investition in den Fund bekommen Investoren eine zugesicherte Rendite von zehn Prozent im Jahr. Wenn ein Darlehen mehr als 90 Tage in Verzug gerät, dann wird der offene Betrag – Tilgung und Kapital – durch den Fund abgedeckt. Hi, ich bin Denny! Seit Januar 2019 schreibe ich auf diesem Blog über meine Erfahrungen beim Investieren in P2P Kredite. Meine Analysen sollen Privatanlegern dabei helfen reflektierte und gut informierte Anlageentscheidungen treffen zu können. Dafür schaue ich mir die Risikoprofile der einzelnen P2P Plattformen an, hinterfrage deren Entwicklungen, teile meine persönlichen Einschätzungen und beobachte übergeordnete Trends aus der Welt des Crowdlendings. Das Video zum Interview mit CEO Ausra Ciupliene von SAVY
Mein Bestseller "Geldanlage P2P Kredite" gilt in Fachkreisen als das beste deutschsprachige Finanzbuch zum gleichnamigen Thema. Zudem versammeln sich in der P2P Kredite Community auf Facebook tausende von Privatanlegern, die sich regelmäßig über die Anlageklasse P2P Kredite austauschen.
Klingt ja nicht uninteressant was mich interessieren würde bist du selbst investiert in Savy?
Spannender als ein Interview sind ja langfristige Erfahrungen und vor allem Renditebetrachtungen nach der “euphorischen” Anfangszeit (ich sag nur Bondora aber auch Neofinance 😉
Ich bin nicht bei Savy investiert und habe es mittelfristig auch nicht auf der Agenda. Dennoch spannende Person aus dem P2P-Kosmos und interessante Plattform. Hängt aber auch stark mit dem Kreditmarkt in Litauen zusammen.