Private Rentenversicherung? Riester-Rente? Bausparvertrag für das Eigenheim?
Wenn ich von außen auf die klassischen Modelle der privaten Altersvorsorge schaue, empfinde ich das meiste davon als ziemlich angestaubt und sehr konservativ gedacht. Kurzum: Einfach nicht zeitgemäß.
Dennoch werden diese Themen immer noch sehr häufig besprochen, propagiert und prominent platziert, weil es noch genug Intermediäre wie Banken und Versicherungen gibt, die an diesem Thema gut mitverdienen wollen und auch können. Alle wollen dabei natürlich nur mein Bestes. Nämlich mein Geld.
Aus meiner Sicht liegt der Schlüssel zur privaten Altersvorsorge sehr stark in dem Grad der finanziellen Bildung und in welchem Maße ich es schaffe, meine Finanzen und Investments eigenverantwortlich zu managen. Dass dazu auch ein Bausparplan gehören kann, möchte ich damit nicht in Frage stellen. Jeder Mensch ist genauso individuell, wie auch sein Weg zur privaten Vorsorge.
Durch meine subjektive Filterblase in der Finanzwelt bilde ich mir ein, dass besonders die jüngeren Generationen schon viel stärker für das Thema der privaten Altersvorsorge sensibilisiert sind. Nur heißt es hier nicht private Altersvorsorge, sondern der Begriff versteckt sich unter dem Deckmantel der finanziellen Unabhängigkeit.
Die Erreichung dieses Ziels ist dabei meistens mit der persönlichen Erfüllung verbunden, dem Ausüben einer Sinn stiftenden Tätigkeit, ohne dabei die Verantwortung für die wirtschaftlichen Voraussetzungen zu vergessen.
Die Vielfalt der Anlageklassen ermöglicht es, dass man nach eigenem Ermessen Schwerpunkte setzen oder sich mit einem breiten Investment-Portfolio aufstellen kann. Mit meinem Beitrag möchte ich eine kurze Einschätzung abgeben, ob sich auch P2P Kredite für den Weg der privaten Altersvorsorge anbieten oder nicht.
Was sind P2P Kredite?
P2P Kredite sind im einfachsten Sinne ganz normale Darlehen, bei denen die Finanzierung jedoch nicht durch die Bank, sondern durch eine große Masse an Privatanlegern erfolgt. P2P ist dabei die englische Kurzform für Peer-to-Peer, also von Privatperson zu Privatperson.
Als Intermediär fungiert in diesem Fall eine P2P Plattform, welche sich je nach Geschäftsmodell auch teilweise direkt um die Kreditnehmerbewertung oder den Inkassoprozess kümmert. Da sich hierbei der gesamte Prozess nur auf ein Unternehmen konzentriert, spricht man hier auch vom klassischen P2P. Beispiele wären hierfür Bondora, NEO Finance oder EstateGuru.
Dem gegenüber stehen die P2P Marktplätze. Zu den bekanntesten Anbietern zählen hierbei Mintos, PeerBerry oder Debitum Network. Hier gibt es externe Kreditgeber, welche vorfinanzierte Darlehen auf dem Marktplatz für Investoren zur Verfügung stellen. Dadurch verdienen Anleger schon ab dem ersten Tag und müssen nicht abwarten, bis eine bestimmte Kreditsumme erreicht wurde.
Das Kreditgeschäft, an dem die Banken jahrelang sehr gut verdient haben, wird durch die Disruption in der Finanzbranche und die dadurch entstehenden Fintechs, nun auch für Privatanleger als Investmentvehikel geöffnet.
Aber eignet sich dieses vergleichsweise neue und alternative Investment auch für die private Altersvorsorge?
Vorteile von P2P Investments für die private Altersvorsorge
1. Passive Verwaltung
Zeit ist Geld. Je aktiver die Geldanlage betrieben wird, desto geringer fällt die real erzielte Rendite aus. Return-on-Time-Invested (ROTI) sollte daher jedem Anleger ein wichtiger Begriff sein. P2P Plattformen bieten mit vielen automatisierten Investment-Portfolios die Möglichkeit, dass man im Vorfeld einzelne Filterkriterien wie die Kreditlaufzeit, den Zinssatz, die Kreditart oder den Anlagebetrag individuell auswählen kann und der Algorithmus dann gezielt in diese Darlehen investiert.
2. Niedrige Einstiegsbarriere
Die Einstiegsbarrieren sind bei jeder Anlageklasse unterschiedlich hoch. Während der Kauf eines Eigenheims schnell ins Geld gehen und viel Eigenkapital verzehren kann, ist die Hürde bei P2P Krediten relativ gering.
Bei vielen P2P Plattformen, mit Fokus auf Konsumkrediten, gelingt der Einstieg bereits meistens ab 10 Euro pro Kredit. Bei Anbietern mit Fokus auf Immobilien- oder Geschäftskrediten können es auch schon mal 50 bis 100 Euro sein. Wichtig ist es bei diesem Zusammenhang auf eine quantitative Diversifikation zu achten, um somit die Auswirkungen eines möglichen Kreditausfalls gering zu halten.
Als Faustregel geht man davon aus, dass der Faktor bei der Diversifikation im Idealfall immer kleiner als der Wert 1 sein sollte. Dieser errechnet sich, indem man den Kehrwert der quantitativen Anzahl der Kredite bildet. Habe ich also 100 Kredite zu je 10 Euro finanziert, habe ich 1.000 Euro investiert mit einem Diversifikationsgrad von 1.
3. Berechenbarkeit des Cashflows
Besonders für Einkommens orientierte Investoren bieten P2P Kredite den Vorteil, dass sich der Cashflow vergleichsweise gut prognostizieren lässt. Wer also monatliche Auszahlungen vornehmen möchte, kann diesen Betrag in einem relativ gut definierten Korridor einschätzen.
4. Liquidität
Wann ist das Kapital wieder verfügbar? Auch darum sollte man sich bei der Altersvorsorge Gedanken machen. P2P Kredite bieten dabei den Vorteil, dass auch kurzfristig orientierte Anleger ihr Geld auf P2P Plattformen „parken“ können.
So könnte man seinen Anlagehorizont bei den Krediten bewusst kurz halten, um sein Geld im Idealfall nach nur wenigen Monaten wieder ausbezahlt zu bekommen. Vereinzelt gibt es auch Anlageprodukte, die mit einem hohen Grad an Liquidität werben und dass das Geld, bei einer festen Verzinsung, in nur wenigen Schritten liquidiert werden kann.
Nachteile von P2P Investments für die private Altersvorsorge
1. Hochrisiko-Investment durch mangelnde Regulierungen
Neben der attraktiven Rendite, die man mit Investitionen in P2P Kredite erzielen kann, stellt sich natürlich auch immer die Frage nach dem Risiko. Besonders die sich mit großer Vielzahl im Ausland befindlichen P2P Plattformen, unterliegen oftmals keiner gesetzlichen Regulierung bei der Online-Kreditvergabe zwischen Privatpersonen, so wie es in Deutschland zum Beispiel durch die BaFin und das Kreditwesengesetz geregelt wird.
Die Folgen einer fehlenden Regulierung hat man zuletzt im Baltikum sehr gut beobachten können.
Hier sind gleich mehrere Scams aufgedeckt und Betrugsfälle erkannt worden. So lange die wirtschaftliche Lage durch COVID-19 weiter angespannt bleibt und es auch keine staatlich angeordneten Schutzmechanismen wie in Form einer Regulierung gibt, bietet sich aktuell nur ein sehr selektiver Einstieg in diese Anlageklasse an.
2. Korrelation mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
Ein häufiges und gern genutztes Argument für die positive Seite von P2P Krediten, ist die geringe Korrelation zum Aktienmarkt. Mit fallenden Kursen sinkt zwar der Wert des Vermögens, die Erträge durch P2P Kredite bleiben dabei aber stets stabil. Auf den ersten Blick erscheint das richtig. Allerdings ist das eher ein Scheinargument.
Denn an den Börsen wird stets die Zukunft gehandelt und damit die wirtschaftliche Entwicklung vorweggenommen. Sollte es tatsächlich zu einem Bärenmarkt kommen und wir erleben eine Phase der Rezession, wird auch der Kreditmarkt direkt davon betroffen sein.
Diese Faktoren werden sich dann unter anderem auf Kreditnehmerrückzahlungen auswirken, was wiederum die Rendite der Investoren beeinflusst. Auch die wirtschaftliche Situation der P2P Plattform kann in einer Rezession unmittelbar betroffen sein.
3. P2P Plattformrisiko
Man kann sich darüber streiten ob der Weg einer diversifizierten Risikoabsicherung darüber funktioniert, in dem man beliebig viele P2P Plattformen gleichzeitig bespielt – was jedoch im Widerspruch zum ersten Vorteil stände – oder ob es sich nicht doch eher anbietet, wenn man seine Investments auf wenige Anbieter konzentriert.
Unter Bloggern habe ich diesbezüglich eine stark außenstehende Meinung, die ich aber guten Gewissens vertreten kann. Ich glaube, dass eine Diversifikation über mehrere Anbieter nicht nur keinen sicherheitsstiftenden Faktor besitzt, sondern im Gegenteil sogar Klumpenrisiken schafft. Hier kann man sich meine Argumentation dazu durchlesen.
4. Regulierungen auf Kreditebene
Neben den bereits angesprochenen Risiken einer fehlender Regulierung für P2P Plattformen oder den wirtschaftlichen Risiken, gibt es auch das Risiko der Regulierungen im Kreditmarkt. Besonders bei Konsumkrediten gibt es europaweit unterschiedliche Vorgaben, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung einer P2P Plattform haben können.
Besonders prominent sind dabei die Regulierungen beim maximalen Zinssatz, den Verbraucher für einen Kredit bezahlen müssen. Die Zinssatzbeschränkungen, kurz IRR (interest rate restriction), sind dabei europaweit sehr unterschiedlich geregelt. Besonders Nicht-Banken Kreditgeber von PayDay Loans, also kurzfristig laufenden Konsumkrediten von bis zu 30 Tagen, sind davon stark betroffen.
Während manche Anbieter auf legalem Wege kreative Lösungen finden, um diese Vorgaben zu umgehen, müssen andere hingegen die Segel streichen. Die Risiken sind also allein auf Anbieter-Seite sehr vielschichtig und nicht zu unterschätzen.
Disclaimer: Die Finanzseite extraETF.com hat eine Bloggerparade zum Thema „Private Altersvorsorge“ ausgerufen. Ich erhalte für diesen Beitrag keine monetäre Vergütung, freue mich aber über ein zu gewinnendes T-Shirt, ein Magazin und die Möglichkeit etwas mehr Reichweite für den Blog zu bekommen.
Hi, ich bin Denny! Seit Januar 2019 schreibe ich auf diesem Blog über meine Erfahrungen beim Investieren in P2P Kredite. Meine Analysen sollen Investoren dabei helfen reflektierte und gut informierte Anlageentscheidungen treffen zu können. Dafür schaue ich mir die Risikoprofile der einzelnen P2P Plattformen an, hinterfrage deren Entwicklungen und teile meine persönlichen Einschätzungen mit meiner Community. Mein Bestseller "Geldanlage P2P Kredite" gilt in Fachkreisen als das beste deutschsprachige Finanzbuch zum gleichnamigen Thema.
Cooler Artikel und gute Liste von Vor- und Nachteilen. Aber fühle mich nach dem Artikel etwas in der Luft, weil sowas wie ein Fazit bzw deine eigene Meinung am Ende zum Abschluss fehlt.
Hi Max,
hoffe Dir geht’s gut! Stimmt, ich wollte dieses mal keine Wertung vornehmen. Sondern nur Argumente für und gegen P2P Kredite als Möglichkeit der Altersvorsorge präsentieren. Glaube, dass das dieses mal ok war. Mehr Fakten / Informationen, weniger Wertung. Daraus wollen dir Leute am Ende eh nur einen Strick drehen 😉
Viele Grüße!