P2P Kredite in Deutschland: Von den Anfängen bis zur Neuzeit

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Am heutigen Sonntag jährt sich zum 31. Mal der Tag der deutschen Widervereinigung. Aus diesem Anlass möchte ich heute versuchen eine inhaltliche Brücke zu schlagen und über ein paar Aspekte zum Thema „P2P Kredite in Deutschland“ schreiben.

Zum Beispiel möchte ich ein wenig auf die recht skurrilen Anfänge von deutschen P2P Plattformen eingehen, warum Auxmoney zwar groß aber irgendwie auch unbeliebt ist, wie der deutsche P2P-Sektor im internationalen Vergleich abschneidet und warum die Ausgestaltung von P2P Krediten in Deutschland keinen guten Nährboden für eine größere Investorennachfrage deutscher Privatanleger bietet.


Die Anfänge von P2P Krediten in Deutschland

Wusstest Du, dass Auxmoney nicht die erste P2P Plattform in Deutschland war? Zwar sind die Kölner bereits seit 2007 aktiv und gehören damit ebenfalls zu den Pionieren in Deutschland, allerdings hat sich im gleichen Jahr schon eine andere Plattform etwas früher gegründet. Nämlich eLolly.

Der Name der ersten deutschen P2P Plattform ist dabei ebenso skurril wie auch die Geschichte des Unternehmens insgesamt.

Denn die Plattform wurde deshalb von dem deutschen Dirk Morina gegründet – so die Legende – weil er selbst von seiner Hausbank keinen Kredit für eine Geschäftsidee bekommen hatte. Als eine Art Trotzreaktion gründete er daraufhin einfach seine eigene Kredit-Plattform.

Die Namenswahl ergab sich dabei auf Basis seiner Abneigung gegenüber den scheinbar unfähigen Bankmitarbeitern, welche er als „Lutscher“ (auf Englisch: lolly) bezeichnet hatte.


eLolly: Der Vorreiter für P2P Kredite in Deutschland

Warum es für eLolly nicht zum großen Durchbruch, sondern nur zu einem kurzen Intermezzo gereicht hat, ist schnell erzählt: Im Wesentlichen waren die Geschäftspraktiken von eLolly zu seinerzeit noch nicht ausgereift genug, was deshalb unter anderem auch zu massiver Kritik von Seiten der Verbraucherschützer geführt hat.

Die Vorwürfe erstreckten sich über die kommerzielle Weitergabe von gespeicherten Kundendaten an Drittanbieter, die Ausgestaltung der AGB im Rahmen des Widerrufsrechts sowie die mangelnde und kaum vorhandene Absicherung ausfallender Kredite.

Auch die Tatsache, dass Kreditsuchende bereits vorab bis zu einhundert Euro für die Registrierung bezahlen sollten, bremste die Durchlässigkeit von Kreditnehmern spürbar aus. Schließlich benötigten diese Geld und wollten deshalb logischerweise nicht schon für den Zugang zum Kreditmarkt hohe Einstiegssummen bezahlen.

Dass eLolly wenig später seinen Unternehmenssitz in der Schweiz anmeldete, bevor man endgültig wieder vom Markt verschwand, passte dann doch wieder sehr gut in das Gesamtbild dieser dubiosen und intransparenten P2P Plattform. Allein der Platz in den Geschichtsbüchern wird eLolly hingegen auf ewig erhalten bleiben.


Auxmoney: Der deutsche Platzhirsch   

Eine deutlich bessere Entwicklung nahm hingegen das ebenfalls 2007 gegründet Auxmoney.

Das Kölner Unternehmen gehört heute, gemessen am finanzierten Kreditvolumen von über 2 Mrd. Euro und mehr als 330.000 finanzierten Darlehen seit der Gründung, zu den größten Kreditmarktplätzen in Kontinentaleuropa. Neben den Privatkrediten bietet das Unternehmen seit April 2019 auch Unternehmenskredite von bis zu 750.000 Euro an.

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Auxmoney in Deutschland: Groß aber wenig beliebt

Ähnlich wie bei eLolly waren allerdings auch die ersten Jahre bei Auxmoney von vielen Stolperfallen geprägt, sodass das Unternehmen auf eine durchaus bewegte Vergangenheit zurückblicken kann.

Zum Beispiel wurde der Auxmoney-Service zu Beginn in Kooperation mit der Firma XACT media Inc. betrieben, einem kleinen US-amerikanischen Unternehmen mit Firmensitz in Nevada. Das Besondere daran war, dass sich das Unternehmen auch um die Betreuung und Verwaltung anderer Internetprojekte gekümmert hat, wozu unter anderem die Erotikplattformen Pornflag und Stripfire gehörten.

Die Zusammenarbeit sollte laut Aussage von Auxmoney-Geschäftsführer Philipp Kriependorf dazu dienen, die Geschäfte „schnell in Gang zu bringen“, was die Wahrnehmung der Plattform im Nachgang aber eher negativ beeinflusst hat. Kurz nach dem Bekanntwerden ist die Kooperation beendet worden.

Weitere Kritikpunkte drehten sich in der Anfangszeit speziell um das Thema Monetarisierung. So war beispielsweise eine Bonitätsbewertung für Kreditnehmer ebenso kostenpflichtig wie auch die Registrierung auf der Plattform selbst. Die Garantie, einen Kredit via Auxmoney zu bekommen, gab es hingegen nicht. Erst ab 2013 veränderte Auxmoney sein Geschäftsmodell dahingehend, dass von diesem Zeitpunkt an sowohl Registrierung, Kreditanfrage als auch Bonitätsbewertung kostenlos waren.


US-Investmentfirma wird 2020 Mehrheitseigentümer bei Auxmoney

Wusstest Du, dass Auxmoney im Jahr 2020 die größte Finanzierungsrunde eines Fintech-Unternehmens in der Eurozone eingesammelt hat? Wie das Unternehmen im September 2020 bekannt gab, hat sich das private Beteiligungsunternehmen Centerbridge Partners L.P., die ein Vermögen von 26 Mrd. US-Dollar verwalten (Stand: Juni 2020), mit 150 Mio. Euro an Auxmoney beteiligt. Neben der Kapitalerhöhung wurden auch Anteile von den Bestandsgesellschaftern abgekauft, wodurch Centerbridge Partners jetzt die Mehrheit (61%) der Anteile an dem Unternehmen gehört.

Zu den weiteren Investoren zählen zudem bestehende Venture Capital Firmen wie Index Ventures (seit 2013 beteiligt, unter anderem auch bei Skype und Dropbox involviert), Union Square Ventures (ebenfalls seit 2013 beteiligt, auch als Investoren bei Twitter oder Lending Club aktiv) oder Foundation Capital (seit Mai 2014 mit dabei), die sich in vergangenen Finanzierungsrunden an dem Unternehmen beteiligt haben und weiterhin als Teilhaber aktiv sind.


Zurückhaltung deutscher Investoren

Aktuell steht Auxmoney, rein finanziell betrachtet, besser da als nie zuvor. Doch das Interesse der deutschen Privatanleger, im Heimatland zu investieren, hält sich eher in Grenzen. Womit hängt das zusammen? Hierfür gibt es aus meiner Sicht drei Gründe:

  1. Zu niedriges Zinsniveau: Deutschland besitzt einen – im europaweiten Vergleich – sehr stark regulierten Kreditmarkt. Das sorgt auf der einen Seite zwar für mehr Sicherheit, allerdings ist unter anderem auch deshalb das Zinsniveau sehr gering. Das führt wiederum dazu, dass die Marge für Investoren sehr klein und wenig attraktiv ist. Auxmoney wirbt auf seiner Webseite zum Beispiel mit einer durchschnittlichen Rendite von fünf Prozent. Insgesamt ist das zu wenig für viele Investoren, die deshalb lieber den im Ausland ansässigen und weniger regulierten Unternehmen vertrauen, die dafür aber eine deutlich höhere Verzinsung in Aussicht stellen.
  2. Schlechter Ruf: Die wenigen Erfahrungsberichte, die es online zu Auxmoney zu lesen gibt, sind in der Regel eher durchschnittlich bis negativ. Intransparenz, versteckte Kosten und Gebühren oder umständliches Investieren sind die mit am häufigsten genannten Gründe, die neben der geringen Verzinsung als Hauptargument gegen Auxmoney angebracht werden.
  3. Fokus auf institutionelle Investoren: Dass Auxmoney bei deutschen Investoren eher kritisch gesehen wird, kann durchaus auch auf einen mangelnden Fokus auf deutsche Privatanleger zurückzuführen sein. Das Unternehmen hat sich in den letzten Jahren verstärkt auf Kooperationen mit großen institutionellen Anlegern konzentriert, welche die Vorteile einer größeren Sicherheit und damit einhergehend auch einer niedrigeren Rendite eher zu schätzen wissen.

Exemplarisch kann hierfür der niederländische Versicherungskonzern Aegon herhalten. Dieser hatte mit seinem Einstieg bei Auxmoney im Jahr 2017 für Aufsehen gesorgt, da man angekündigt hatte, über einen Zeitraum von drei Jahren insgesamt 1,5 Mrd. Euro an Krediten finanzieren zu wollen.


Deutschen Investoren ohne Home-Bias bei der Nachfrage

Dass deutsche Investoren im Bereich P2P Kredite nicht dem Home-Bias verfallen sind, zeigt die starke Nachfrage bei den im Ausland ansässigen P2P Plattformen. Dieser Trend wird insbesondere durch eine jüngere Zielgruppe von Privatanlegern vorangetrieben, die sich nicht nur für Finanzthemen allgemein, sondern zunehmend auch für alternative und weniger stark regulierte Formen der Geldanlage öffnen.

Gemäß den Statistiken meines YouTube-Kanals befinden sich 76,9% der Zuschauer in einem Alterssegment zwischen 25 und 44 Jahren. Den größten Anteil machen dabei mit 39,3% die Zuschauer im Segment der 25- bis 34-jährigen aus.

Dass die Affinität besonders in dieser Altersgruppe am höchsten ist, scheint aus meiner Sicht wenig verwunderlich.

  1. Viele erkennen, dass die gesetzliche Rente in Deutschland auf wackligen Füßen steht und dass es daher unausweichlich sein wird, die Rentenlücke durch eine Form der privaten Altersvorsorge zu schließen.
  2. Der Umgang mit dem Internet, eine notwendige Voraussetzung für das Investieren in P2P Kredite, ist für die Generation Y, die im Zeitraum der frühen 1980er bis zu den späten 1990er Jahren geboren wurde, etwas Natürliches und Selbstverständliches.
  3. Der vergleichsweise einfache Weg in P2P Kredite zu investieren, und die relativ geringen Voraussetzungen im Hinblick auf das notwendige Kapitalvermögen, schaffen eine niedrige Einstiegsbarriere für den Zugang zu P2P-Investments.

Daher scheint es wenig verwunderlich, dass deutsche Privatanleger auch auf den größten europäischen P2P Plattformen sehr zahlreich vertreten sind und einen Großteil der Privatanleger ausmachen.

Sowohl bei VIAINVEST (37 Prozent), TWINO (35 Prozent) als auch PeerBerry (30 Prozent), lag der Anteil der deutschen Privatanleger in einem Bereich von 30 bis 40 Prozent. Insofern ist Deutschland, was das Thema P2P Kredite angeht, auf Investoren-Seite mittendrin statt nur dabei.


Deutscher P2P Sektor im internationalen Vergleich

Wie kann das Transaktionsvolumen von P2P Krediten in Deutschland bewertet und im internationalen Kontext eingeordnet werden? Hierfür hilft ein Blick auf die Zahlen des Statistik- und Studienportals Statista. Demnach wird prognostiziert, dass das weltweite Transaktionsvolumen im Segment P2P-Kreditmarktplatz (Private Konsumkredite) im Jahr 2021 bei 82,08 Mrd. Euro liegen wird.

Den größten Markt macht dabei China mit geschätzten 58,7 Mrd. Euro aus, was einem prozentualen Anteil von 71,53 Prozent entspricht. Auf den weiteren Plätzen folgen die USA (2021: 19,88 Mrd. Euro) und Großbritannien (1,54 Mrd. Euro).

Deutschland besitzt nach Frankreich den zweitgrößten P2P-Sektor in Europa, mit prognostizierten 203,8 Mio. Euro für das Jahr 2021. Bezogen auf den weltweiten Anteil entspricht das nur 0,25 Prozent, beziehungsweise 7,64 Prozent in Europa (inkl. Großbritannien).

Perspektivisch geht man auf der Seite davon aus, dass es in den nächsten vier Jahren ein durchschnittliches Wachstum im niedrigen einstelligen Prozentbereich geben wird. 2025 soll das weltweite Transaktionsvolumen im P2P-Segment bei 88,45 Mrd. Euro liegen, wobei China mit 62,23 Mrd. Euro (70,36 Prozent) weiterhin das Maß aller Dinge sein soll. In Deutschland soll das Volumen hingegen auf 216,8 Mio. Euro anwachsen, wodurch der weltweite Marktanteil weiterhin bei 0,25 Prozent liegen würde.


Ausgestaltung von P2P Krediten in Deutschland

Dass der deutsche Marktanteil beim weltweiten Transaktionsvolumen nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist weniger auf das mangelnde Zutrauen und die Kapitalkraft deutscher Investoren zurückzuführen, sondern vielmehr auf die strukturellen Rahmenbedingungen in unserem Land.


Faktor 1: Stark regulierter Kreditmarkt

Im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern gibt es in Deutschland sehr klar definierte Regeln und gesetzliche Vorgaben, die bei der Kreditvermittlung zwischen Privatpersonen eingehalten werden müssen. Gemäß Kreditwesengesetz besagt eine dieser Vorgaben, dass ausschließlich Kreditinstitute Darlehen an Privatpersonen vergeben dürfen.

Das bedeutet zum Beispiel, dass deutsche P2P Plattformen entweder selbst eine Bankenlizenz besitzen müssen, wodurch man automatisch auch der Aufsicht der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) unterliegen würde, oder man muss mit den entsprechenden Finanzinstituten zusammenarbeiten.

In jedem Fall entstehen dadurch nicht unwesentliche Kosten, welche durch die P2P Plattform zu tragen sind. Auxmoney arbeitet daher bei der Abwicklung der Zahlungsvorgänge sowohl mit der BIW-Bank als auch mit der SWK-Bank zusammen.

Im Gesamtbild wirkt diese Konstellation etwas paradox, weil die Banken dadurch in ihrer Abwicklungsfunktion Vertragspartner zwischen Kreditnehmern und Investoren werden. Das Aufkommen von P2P Krediten, welches im Grunde genommen auch eine Emanzipierung gegenüber klassischen Banken bedeutete, wird somit etwas konterkariert.

Einen Markt für Nichtbanken-Kreditgeber, den es in unterschiedlicher Vielfalt im europäischen Ausland gibt und worüber auch eine Vielzahl von P2P Krediten abgewickelt werden, gibt es in dieser Form in Deutschland nicht.


Faktor 2: Niedriges Zinsniveau

Man kann es glauben oder nicht: Aber Deutschland gehört faktisch zu den  kreditnehmerfreundlichsten Ländern in Europa! Wer sich als deutscher Bankkunde für einen Verbraucherkredit interessiert, der bekommt diesen, bei Kreditlaufzeit von ein bis zu fünf Jahren, bereits für durchschnittlich 4,5% finanziert.

Dadurch lässt sich bereits erahnen, dass die Marge, an der Privatanleger verdienen können, äußerst gering ist. Ganz abgesehen davon, dass auch noch die Intermediäre an dem Kreditgeschäft mitverdienen wollen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass deutsche Anleger bei P2P Krediten weniger dem Home-Bias verfallen und den Blick lieber ins Ausland schweifen lassen. Mit der Aussicht auf eine drei- bis vierfach höhere Rendite wird auch gerne mehr Risiko in vergleichsweise unregulierten Märkten in Kauf genommen.

Heruntergebrochen zeigt sich hier erneut das Verhältnis der beiden Gegenpole aus Rendite und Risiko. Auf der einen Seite schaffen gesetzliche Rahmenbedingungen, die sich stark an verbraucherschutzrechtlichen Aspekten orientieren, die Voraussetzung dafür, dass diese Formen der Investitionen auf vermeintlich sicheren Füßen stehen. Der Preis dafür ist allerdings eine deutlich geringere Gewinnerwartung auf der anderen Seite.

Daher ist die Infrastruktur für P2P Kredite in Deutschland deutlich besser für risikoaversere Großinvestoren geeignet, die ihr Investment-Portfolio mit deutschen Konsumdarlehen diversifizieren wollen und denen eine angepeilte Rendite von ca. drei bis fünf Prozent als Beimischung ausreicht.


P2P Kredite in Deutschland: Das Video zum Beitrag



Weitere Informationen zu besprochenen P2P Plattformen

Hi, ich bin Denny! Seit Januar 2019 schreibe ich auf diesem Blog über meine Erfahrungen beim Investieren in P2P Kredite. Meine Analysen sollen Privatanlegern dabei helfen reflektierte und gut informierte Anlageentscheidungen treffen zu können. Dafür schaue ich mir die Risikoprofile der einzelnen P2P Plattformen an, hinterfrage deren Entwicklungen, teile meine persönlichen Einschätzungen und beobachte übergeordnete Trends aus der Welt des Crowdlendings.    
Mein Bestseller "Geldanlage P2P Kredite" gilt in Fachkreisen als das beste deutschsprachige Finanzbuch zum gleichnamigen Thema. Zudem versammeln sich in der P2P Kredite Community auf Facebook tausende von Privatanlegern, die sich regelmäßig über die Anlageklasse P2P Kredite austauschen. 

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