In den letzten Wochen haben gleich mehrere P2P Plattformen ihre Geschäftsberichte für das vorangegangene Jahr veröffentlicht. Darunter Mintos, Bondora, Hive5 und HeavyFinance.
Daher möchte ich in diesem Artikel kurz und knapp auf die wichtigsten Ergebnisse von den eben aufgeführten Plattformen eingehen und wie ich diese bewerte.
Weitere Auswertungen zu den neuesten Geschäftsberichten finden interessierte Anleger in meinen Erfahrungsberichten auf dem Blog, wo es die aktuellen Zahlen von insgesamt 23 Plattformen gibt.
Mintos: Nach vier Jahren wieder profitabel!
Mintos konnte zum ersten Mal, nach vier aufeinanderfolgenden Jahren mit steigenden Verlusten, wieder einen Gewinn erzielen. Dieser lag 2022 bei 220.000 Euro.
Für mich persönlich ist das ein durchaus überraschendes Ergebnis. Zum einen, weil Mintos im Vergleich zum Vorjahr nur halb so viele Kredite finanzieren konnte. Zum anderen, weil das ausstehende Portfolio um ca. 31% gesunken ist.
In der Realität ist der Umsatz allerdings nur um 6% auf 9,1 Mio. Euro gesunken. Was wiederum bedeutet, dass Mintos an anderer Stelle massiv Kosten eingespart haben muss.
Die größte Ausgabenreduzierung gab es demnach bei den Mitarbeitern. Hier sind ca. 20% weniger ausgegeben worden als noch 2021, beziehungsweise 1,2 Mio. Euro in absoluten Zahlen. In den weiterführenden Notes lässt sich nachlesen, dass Mintos im letzten Jahr knapp 30% seiner Mitarbeiter entlassen hat (Von 165 zu 129).
Gleichzeitig hat sich aber auch ein anderer Posten bei Mintos verzehnfacht, nämlich die Einnahmen von Vertragsstrafen für verspätete Kredite (2,1 Mio. Euro).
Ebenfalls interessant ist die Aufteilung der Umsatzquellen. Neben den Dienstleistungsgebühren für die Kreditgeber, die weiterhin 90% des Gesamtumsatzes ausmachen, liegt an zweiter Stelle bereits die Anfang 2022 neu eingeführte Inaktivitätsgebühr für Anleger, über die Mintos bereits im ersten Jahr 336.000 Euro einnehmen konnte.
Die Bilanz von Mintos kann sich weiterhin sehen lassen, Kennzahlen wie die Eigenkapitalquote (64%), der Liquiditätsgrad (1,78) oder der Verschuldungsgrad (0,58) liegen allesamt in einem guten Rahmen.
Lediglich der historisch hohe Wert bei den immateriellen Vermögenswerten sollte kritisch beäugt und hinterfragt werden.
Bondora: Extrem stabil, jedoch mit 70% Gewinnrückgang!
Bondora hat auch im sechsten Jahr in Serie ein profitables Ergebnis erzielt. Der Gewinn von 2,1 Mio. Euro bedeutet allerdings auch ein Rückgang von knapp 70% zum Vorjahr. Dieser Gewinnrückgang ist in erster Linie mit den steigenden Kosten für die Expansion zu erklären.
Zwar konnte man den Umsatz um 7 Mio. Euro zum Vorjahr steigern, allerdings hat Bondora im letzten Jahr sehr viel mehr Geld für die Produkt- und Technologieentwicklung in die Hand genommen. Die Ausgaben für Werbung und Marketing sind um ca. 3 Mio. Euro gestiegen und auch die 48 neu hinzugekommenen Arbeitnehmer haben fast zu einer Verdopplung bei den Mitarbeiterausgaben geführt (10,6 Mio. Euro).
Trotz allem besitzt Bondora weiterhin mehr als 10 Mio. Euro an Cash in seinen Bankkonten, um die weitere Expansion auch ohne externe Hilfe stemmen zu können.
Die finanzielle Stabilität ist und bleibt aus meiner Sicht der größte Trumpf der Plattform, was sich auch in den starken Finanzkennzahlen in der Bilanz ablesen lässt. Die Eigenkapitalquote liegt bei bockstarken 78%, der Liquiditätsgrad von 4,70 kann sich absolut sehen lassen und auch der Verschuldungsgrad ist mit 0,27 nie besser gewesen.
Hive5: Hütchenspieler-Tricks und falsche Aussagen
Bei Hive5 ergibt es eigentlich nur bedingt Sinn sich die Zahlen anzusehen, aber genau deshalb will ich explizit darauf aufmerksam machen. Grund dafür ist das sogenannte „Creative Accounting“, beziehungsweise die kreative Buchführung, die eine verlässliche Einordnung der Zahlen so gut wie unmöglich macht.
Während sich bei Mintos oder Bondora die größten Ausgaben auf Posten wie die Mitarbeiter, die IT und das Marketing aufteilen, wird bei Hive5 offensichtlich, dass hier nicht alle Aufwendungen bei der Plattform eine unmittelbare Berücksichtigung finden.
Zum Beispiel hat die Plattform nicht einen einzigen Cent für die Ausgaben seiner Mitarbeiter verbucht, was bedeutet, dass diese Kosten entweder über die Muttergesellschaft oder aber in Teilen über das Unternehmen des Mehrheitsgesellschafters abgerechnet worden sind.
Dass es sich bei Hive5 womöglich um eine Art Non-Profit Organisation handelt, bei der nur ehrenamtliche Mitarbeiter beschäftigt sind, ist mir nach meinem Wissen zumindest nicht bekannt.
Auch bei den Ausgaben für die IT, die standesgemäß zu den größten Kostenblöcken zählen, sind lediglich 150 Euro an „Wartungsarbeiten für die Software“ aufgeführt worden. Warum die Kosten für die IT so niedrig sind und mit welchem Dienstleister man hier sehr eng zusammenarbeitet, hatte ich bereits in meinen Hive5 Erfahrungen und in den letzten Videos aufgedeckt.
Um es kurz zu machen: Die Buchführung ist hier etwas anders als bei anderen Plattformen, was verdeutlicht, dass viele Ausgaben in irgendwelchen anderen Bilanzen auftauchen sollten.
Ende März hatte ich den Hive5 CEO in einem Interview darauf angesprochen (Minute 15:53), wie groß denn das Portfolio bei der Plattform sein müsste, damit man profitabel sei. Die Aussage, die ich bereits damals hinterfragt hatte, lautete, dass man bei 2 Mio. Euro bereits auf Gruppen-Ebene profitabel sei und das man dieses Ziel schon erreicht habe.
„We already did that actually (reach profitability) [..] with the loan portfolio of nearing 2 Mio. Euro, this is where we become group-level profitable“
Sehen wir uns nun die Ergebnisse der Hive Finance Muttergesellschaft an und sollten mich meine Äuglein nicht täuschen, dann lag das Ergebnis des letzten Jahres bei einem Verlust von 755.000 Euro.
An sich wäre das erstmal keine Schande für ein neues Unternehmen, aber öffentlich-irreführenden und falschen Aussagen, wie die des Hive5 CEOs, sind für mich eine erneute Bestätigung, dass ich hier eher zwei Armlängen Abstand halten werde.
HeavyFinance: 3 Mio. Finanzierung rettet Fortführungsprognose
Zum Abschluss blicken wir noch auf die Ergebnisse von HeavyFinance, die 2022 ihr zweites vollständiges Geschäftsjahr abschließen konnten.
Hier hat sich der Verlust auf ca. 1,1 Mio. Euro verdoppelt, ebenso wie der Umsatz, der von 700.000 Euro auf 1,36 Mio. Euro angestiegen ist.
Der Auditor hat zudem im Geschäftsbericht auf eine erhebliche Unsicherheit bezüglich der Unternehmensfortführung verwiesen, da die kurzfristigen Verbindlichkeiten die kurzfristigen Vermögenswerte um ca. 72.000 Euro übersteigen würden, bei einer Eigenkapitalbilanz von nur 58.000 Euro zum Zeitpunkt Ende 2022.
Ein berechtigter Punkt, der auf jeden Fall verdeutlicht, dass HeavyFinance eine noch auf Kante genähte P2P Plattform ist. Für ein mit Risikokapital finanziertes Unternehmen, welches keine kurzfristige Rentabilität anstrebt, ist das allerdings auch nicht ungewöhnlich.
Insofern sehe ich, auch aufgrund der jüngsten Seed-Finanzierungsrunde in Höhe von 3 Mio. Euro, keine akute Gefahr, was die kurzfristige Fortführung der Plattform-Aktivitäten angeht.
Finanzen im Griff? Meine Analyse als Video
Hi, ich bin Denny! Seit Januar 2019 schreibe ich auf diesem Blog über meine Erfahrungen beim Investieren in P2P Kredite. Meine Analysen sollen Investoren dabei helfen reflektierte und gut informierte Anlageentscheidungen treffen zu können. Dafür schaue ich mir die Risikoprofile der einzelnen P2P Plattformen an, hinterfrage deren Entwicklungen und teile meine persönlichen Einschätzungen mit meiner Community. Mein Bestseller "Geldanlage P2P Kredite" gilt in Fachkreisen als das beste deutschsprachige Finanzbuch zum gleichnamigen Thema.
Sehr guter Beitrag!
Vielen Dank dafür
Vielen Dank für das Feedback!