9. Erkenntnisse vom Bondora Geschäftsbericht 2024!

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Wie steht es um die finanzielle Stabilität bei Bondora?

Um diese Frage zu beantworten, gab es in den letzten Jahren bereits ausführliche Analysen zu den Bondora Geschäftsberichten auf dem Blog (2018, 2019, 2020, 2022) oder aber auf Telegram.

Vor wenigen Wochen hat Bondora die Geschäftszahlen für 2024 veröffentlicht. Nachdem ich mir die Zahlen und die Information vom Jahresabschluss angesehen und Bondora mit einigen Fragen konfrontiert habe, folgt an dieser Stelle meine Auswertung mit den neun wichtigsten Erkenntnissen.

Eine ausführliche Analyse zum estnischen Fintech gibt es in meinen Bondora Erfahrungen, beziehungsweise in meinen Bondora Go & Grow Erfahrungen.

Anpassungen im Aufsichtsrat für Bankenlizenz Anforderungen

Im August 2024 sind, mit Richard Groeneveld und Raimondas Berniunas, zwei neue Mitglieder im jetzt fünfköpfigen Aufsichtsrat von Bondora hinzugekommen. Bondora hat diesen Schritt mit einem Zugewinn an Kompetenzen im Bereich Risikomanagement, Bankwesen und Technologie-Unternehmen begründet.

“To further strengthen our governance, we restructured the Supervisory Board in 2024, bringing in a majority of independent directors with deep expertise in risk management, banking, and technology scale-ups.”

Auf meine Nachfrage hin wurde mir bestätigt, dass die neue Strukturierung des Aufsichtsrats auch in Vorbereitung auf die anstehende Bewerbung zur Bankenlizenz getroffen worden sei, wofür festgelegte Kriterien der Europäischen Zentralbank erfüllt werden müssen.

Dazu gehört zum einen, dass die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder “unabhängig” vom Unternehmen sein müssen (Annahme: keine Gesellschafterbeteiligung) und dass die Mitglieder umfassende Führungserfahrung im Bankwesen vorweisen können.

“The goal was to shape the board in accordance with the licensing process’s requirements and the company’s strategic goals […] All supervisory board members must meet the criteria set by the European Central Bank (ECB).”

Dass Bondora eine strategische Ausrichtung zum Bankenunternehmen verfolgt, wissen Investoren bereits seit einigen Jahren. Laut Bondora werde dieser Schritt dabei helfen mehr Stabilität zu erhalten und zusätzliches Vertrauen zu gewinnen. Zudem werde es die Expansion und den Launch neuer Produkte in Europa erleichtern.

“For Bondora Group, a banking license will add another layer of trust and stability for all our customers. It will also make it easier for us to expand into new EU markets as a credit provider and introduce new products.”

Einen genauen Zeitraum wollte man bei Bondora nicht kommunizieren. Lediglich, dass man sich in diesem Prozess mit einem erwarteten Tempo („moving at an expected speed“) bewege.


Bondora verwaltet 600 Mio. Euro; zweitgrößte P2P Plattform nach Mintos

In der Vergangenheit habe ich Bondora häufig für ein gewisses Maß an Intransparenz kritisiert. Der Vorwurf bezog sich dabei in erster Linie auf fehlende Angaben zum verwalteten Investorenvermögen und welche Performance das von Bondora verwaltete Kreditportfolio erziele.

Überraschenderweise gab es dafür, im Geschäftsbericht für 2024, erstmalig einen Referenzwert. Und dieser Wert lässt durchaus aufhorchen. Demnach spricht man bei Bondora von einem ausstehenden Kreditportfolio von 600 Mio. Euro. Zur Einordnung: Damit wäre Bondora aktuell die zweitgrößte P2P Plattform in Europa, nur knapp hinter Mintos mit 615 Mio. Euro an ausstehenden Krediten.

Für etwas Verwunderung hat die Angabe zur Investment-Bilanz gesorgt, welche nur bei 567 Mio. Euro liegen soll. Gemeint ist hiermit die Gesamtsumme aller Investorengelder zum 31.12.2024, inklusive bereits investierter Beträge und noch nicht investiertem Guthaben auf den Nutzerkonten.

Bondora hat auf Nachfrage erklärt, dass es sich dabei um eine absichtliche Gestaltung handelt. Die Investorengelder werden durch ein größeres Kreditportfolio abgesichert, womit sich in letzter Konsequenz wohl auch der oftmals hinterfragte Risikopuffer (33 Mio. Euro) erklären lasse.

“The loan portfolio is intentionally higher than the investment balance to ensure sufficient risk buffers and diversification within the Go & Grow product. This structure safeguards investor returns.”


Bondora durchbricht eine Milliarde Euro an finanzierten Krediten

Bondora hat 2024 die Schallmauer von 1 Mrd. Euro an finanzierten Krediten durchbrochen, 16 Jahre nach dem operativen Start der P2P Plattform.

“Investor confidence in Bondora reached new heights in 2024 with €1 billion invested through Bondora since our launch in 2008.”

Wie rasant sich dieses Wachstum entwickelt hat, erkennt man auch daran, dass mehr als ein Vorteil davon allein im letzten Jahr hinzugekommen ist. 2024 wurden über die Bondora 147.000 Kredite im Wert von 262 Mio. Euro finanziert. Das entspricht einer Steigerung von ca. 30% zum Vorjahr, wo 81.000 Kredite im Wert von 202 Mio. Euro finanziert werden konnten.


20% mehr Umsatz; Einnahmequellen unverändert

Bondora hat im letzten Jahr knapp 60 Mio. Euro mehr an Krediten finanziert als noch im Vorjahr. Entsprechend hat sich auch der Umsatz um knapp 20% auf 52,6 Mio. Euro gesteigert.

Der prozentuale Anteil der einzelnen Umsatzquellen hat sich dabei kaum zum Vorjahr verändert. Die Verwaltungsgebühren haben 26,8 Mio. Euro beigesteuert (51%; Vorjahr 52%), die zusätzlichen Dienstleistungen (unter anderem BSecure) haben 15,1 Mio. Euro ausgemacht (29%; Vorjahr 30%) und 9,5 Mio. Euro sind auf die Provisionsgebühren bei der Kreditvermittlung entfallen (18%; Vorjahr 16%).

Geographisch betrachtet hat der finnische Markt mit 5,5 Mio. Euro am meisten Umsatz zugelegt. Mit knapp 48% ist der skandinavische Markt auch erstmalig größer gewesen als der estnische Heimatmarkt von Bondora (21,8 Mio. Euro Umsatz, 41,4%). Die Niederlande ist hingegen um den Faktor 4 auf 3,5 Mio. Euro angewachsen, während Spanien um 800.000 Euro Umsatz rückläufig gewesen ist.


Acht Jahre in Serie profitabel

Mit einem Gewinn von 1,2 Mio. Euro ist Bondora bereits das achte Jahr in Serie profitabel gewesen. Eine starke Leistung, mit der eigentlich keine andere P2P Plattform in Europa mithalten kann.

Angesprochen auf die zukünftigen Profitabilitäts-Ziele teilte Bondora mit, dass man diese nicht öffentlich kommunizieren werde. Das Ziel des Unternehmens sei es eine führende Position in der Branche einzunehmen, welche sowohl an der Profitabilität als auch am konstanten Wachstum bemessen werde. Das Ziel sei ein Gleichgewicht zwischen nachhaltiger Rentabilität und stetigem, organischem Wachstum.

“We do not publicly disclose our profitability targets. However, our strategy is to become an industry leader measured by both profitability and consistent growth. Rather than prioritizing one over the other, we aim to balance sustainable profitability with steady, organic expansion to drive long-term value.”


156% Anstieg bei zweifehlhaften Forderungen; schlechte Portfolio-Qualität als Ursache?

Bondora ist achte Jahre in Serie profitabel gewesen. Im Hinblick auf den aktuellen Geschäftsbericht sollte man jedoch kritisch einordnen, dass der Gewinn um 64% zum Vorjahr abgefallen ist.

Ein Blick auf die Gewinn- und Verlustrechnung verrät, dass dieser Umstand in erster Linie auf die „Aufwendungen aus zweifelhaften Forderungen“ zurückzuführen sind, die um 8,8 Mio. Euro zum Vorjahr angestiegen sind (156%).

Hierbei handelt es sich um den vielleicht wichtigsten Teil des Geschäftsberichts, schließlich wurde in der Vergangenheit auf diesem Blog am eindringlichsten vor der Intransparenz und der womöglich kritischen Situation des Kreditportfolios gewarnt. Aber von vorne:

Unter den Aufwendungen aus zweifelhaften Forderungen (“Expenses from doubtful receivables“) versteht man Forderungen gegenüber Kreditnehmern, bei denen ein Zahlungsausfall wahrscheinlich ist. Das bedeutet, dass es sich hierbei um Wertberichtigungen (Impairments) auf Forderungen aus Kreditverträgen handelt, bei denen Bondora mit einem (teilweisen) Ausfall rechnet.

Diese entstehen zum Beispiel durch gestiegene Kreditausfälle, eine konservativere Bewertung von Ausfallrisiken, neue regulatorische Anforderungen oder aber durch geänderte Annahmen zur Rückzahlungswahrscheinlichkeit.

Aus Investoren-Sicht lässt sich der starke Anstieg bei den zweifelhaften Forderungen unter mehreren Gesichtspunkten einordnen.

Erstens: Wachstum der Kreditvergabe. Bondora hat 60 Mio. Euro, beziehungsweise 30% mehr an Krediten finanziert. Logischerweise führt ein höheres Volumen zwangsläufig auch zu absoluten Anstiegen bei ausfallgefährdeten Krediten. Wichtig wäre jedoch, dass das Verhältnis von Ausfällen zum Gesamtportfolio stabil bleibt.

Zweitens: Aggressivere Risikomodellierung. Die stark gestiegenen Wertberichtigungen könnten auch auf striktere Bewertungsansätze oder verschärfte Risikomodelle hindeuten. Das wäre insofern positiv zu bewerten, da Bondora sich möglicherweise proaktiv auf potenziell schlechtere wirtschaftliche Bedingungen vorbereitet.

Drittens: Qualitätsverschlechterung im Kreditportfolio. Dieses Thema wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach auf diesem Blog aufgegriffen und ist relativ selbsterklärend.

Geht es nach den Aussagen von Bondora, dann sei der Anstieg der zweifelhaften Forderungen auf einen einmaligen buchhalterischen Effekt zurückzuführen. Hierbei handelte es sich um eine rückwirkende Anpassung der erwarteten Kreditverluste (ECL) auf Bondoras eigene Gebührenforderungen, nicht auf die Investorendarlehen. Diese Maßnahme wurde jetzt im Zuge der Vorbereitung auf die Banklizenz und die Umstellung auf ein erweitertes IFRS 9-Modell getroffen.

“The increase in doubtful receivables in 2024 is the result of a one-off accounting adjustment. Specifically, the change relates to Bondora’s own fee receivables from borrowers, rather than the loan principal balances, which are held by investors. To align with IFRS 9 standards in preparation for our banking license application, we implemented an enhanced expected credit loss (ECL) model. This new model was applied retroactively across the historical receivables portfolio, leading to a higher one-time provision expense.”

Zudem äußerste sich Bondora sehr zuversichtlich im Hinblick auf effizientere Inkasso-Prozesse, insbesondere im finnischen Markt, wo man eine 50% bessere Rückgewinnungsquote in den letzten 12 Monaten beobachten konnte.

“Bondora’s collection processes became significantly more effective in 2024, particularly in Finland, our largest market. This was evident in both incoming cash flows and the recovery rate on defaulted balances, which improved by more than 50% from the end of 2023 to December 2024 — a 1.5x increase in recovery efficiency.”

Auch die Ausfallquoten selbst sollen wohl, nach Aussage von Bondora, in allen Märkten gesunken sein.

“The defaulted share has been gradually declining, reflecting steady and ongoing improvements in portfolio quality across markets.”

Fazit: Dem Vernehmen nach soll es keine Anzeichen für gestiegene Kreditrisiken bei den Anlegerkrediten gegeben haben. Dennoch sollte dieser Trend ein Anlass sein, um die Entwicklung der Ausfallquoten und der Rückflüsse aus dem Inkasso sehr genau in den kommenden Quartalen zu beobachten.


Gewohnt starke Bilanz; Augenmerk auf immaterielle Vermögenswerte

Wie schon in den Vorjahren besitzt Bondora eine sehr saubere und vorzeigbare Bilanz. Die Eigenkapitalquote liegt mittlerweile bei bockstarken 71% und auch der Verschuldungsgrad (0,40) ist über die letzten Jahre hinweg konstant niedrig geblieben. Auch der Liquiditätsgrad kann sich, mit einem Faktor von 3,45, ebenfalls absolut sehen lassen.

Einzig die immateriellen Vermögenswerte sind jetzt erstmalig auf über 10% angestiegen. Als Grund für den Anstieg steht im Geschäftsbericht, dass man im Zusammenhang mit der Entwicklung und Verbesserung der unternehmenseigenen Software zur Kreditvergabe die angefallenen IT-Kosten aktiviert habe.

“The Group has capitalised the IT costs incurred to create and improve the software used by the Group to issue loans.”

Auf meine Nachfrage hin erklärte man noch zusätzlich, dass dieser Ansatz zudem ein Teil der übergeordneten Bestrebung sei die Buchhaltungspraktiken an jene regulierter Banken anzugleichen.

“This approach is also part of our broader effort to align our accounting practices with those of regulated banks, in preparation for the banking license application.”


Bondora kauft Aktien im Wert von 1,2 Mio. Euro zurück

Obwohl Bondora im letzten Jahr einen Netto-Gewinn von 1,2 Mio. Euro erzielen konnte, hat sich die Eigenkapitalposition zum Vorjahr so gut wie nicht verändert. Ein Blick auf die Veränderungen beim Eigenkapital zeigt auch warum.

Im letzten Jahr hat Bondora nämlich 1,2 Mio. Euro an Aktien zurückgekauft.

Auch hierfür ist die Ursache auf den Antrag zur Bankenlizenz zurückzuführen. Wie Bondora auf Nachfrage erklärte, trage eine kleinere und stärker konsolidierte Eigentümerstruktur dazu bei den Antrags- und Genehmigungsprozess in Zukunft zu vereinfachen.

“The share buybacks were carried out in preparation for the bank license application process. As the entire consolidation group will fall under the supervision of the Financial Supervisory Authority, having a narrower and more consolidated shareholder base helps streamline the application and approval process.”

Die Aktienrückkäufe standen zudem auch nicht in direktem Zusammenhang mit dem Mitarbeiter-Beteiligungsprogramm. Weitere Rückkäufe oder Kapitalmaßnahmen dieser Art seien bis auf weiteres nicht geplant.


Bondora investiert 50.000 Euro in Unternehmen von Ex-Mitarbeitern

Abschließend noch eine ebenfalls interessante Beobachtung in den Anmerkungen zum Thema „Langfristige finanzielle Investments“.

Demnach hat sich die Bondora Group AS, bereits im August 2023, mit 50.000 Euro an dem estnischen Fintech FlowstepDesign OÜ beteiligt. Dadurch hält man aktuell einen Anteil von 1,32% an dem auf UX-Design spezialisiertem Unternehmen, das digitale Produkte durch benutzerzentrierte Gestaltung intuitiver und effizienter macht.

Weil mir das Unternehmen bekannt vorkam, habe ich etwas genauer recherchiert. Und siehe da: Beim CEO und Mitgründer handelt es sich um Matt Clannachan, einen langjährigen Manager der Bondora Plattform, mit dem ich in der Vergangenheit bereits viel in Kontakt stand.

Angesprochen auf die Motivation hinter diesem Investment teilte Bondora mit, dass die Investition strategisch für das Engagement stehe Innovation zu fördern, vielversprechende Unternehmungen zu unterstützen und unternehmerische Erfolgsgeschichten aus den eigenen Reihen voranzutreiben.

“The investment strategically reflects our commitment to supporting innovation, strengthening ties with promising ventures, and fostering entrepreneurial success stories from within its own team.”

Da es sich am Ende nur um 50.000 Euro handelt, ist der tatsächliche Wert dieses Investments als eher geringfügig einzuschätzen. Dennoch ist es spannend zu sehen, dass Bondora sich auch finanziell an den neuen Projekten seiner Ex-Mitarbeiter beteiligt.


Fazit Bondora Geschäftsbericht 2024

Eine Sache wurde beim Durchblick des Bondora Geschäftsberichts 2024 wie ein roter Faden deutlich: Die estnische P2P Plattform richtet seine operativen Tätigkeiten konsequent an den Anforderungen eines Bankenunternehmens aus.

Sei es durch die Veränderungen im Aufsichtsrat, Anpassungen bei der Eigentümerstruktur, oder durch anderweitige regulatorische Standards, die es in Zukunft zu erfüllen gilt. Wann dieser Weg voraussichtlich abgeschlossen sein wird, darüber will man sich aktuell noch nicht in die Karten schauen lassen.

Aus Investoren-Sicht sind die Entwicklungen hin zu mehr Compliance und mehr Transparenz positiv zu bewerten. Das Thema Portfolio-Qualität sollte weiterhin auf dem Schirm vieler Investoren bleiben, die nachhaltig eine liquide Rendite von 6% via Bondora Go & Grow verdienen wollen.

Neue Investoren, die sich bis spätestens zum 4. Juni anmelden und mindestens 100 Euro investieren, haben zudem noch die Möglichkeit an einem Preis-Pool von bis zu 35.000 Euro zu partizipieren. Weitere Informationen dazu in diesem Artikel.


Weitere Informationen zu besprochenen P2P Plattformen

Hi, ich bin Denny! Auf diesem Blog, den ich im Januar 2019 gestartet habe, helfe ich Investoren dabei kluge und gut informierte Investitionsentscheidungen im Bereich der Geldanlage P2P Kredite zu treffen. Dafür beschäftige ich mich ausführlich mit den tagesaktuellen Geschäftsentwicklungen und dem übergeordneten Rendite- und Risikoprofil der einzelnen P2P Plattformen.

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